Lorenz Adlon Esszimmer (**)

LAE Kopie

Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen. Für viele von uns ist die dunklere Jahreszeit nicht besonders angenehm und sehnsüchtig erwarten wir das nächste Jahr und den Frühling.
Doch auch jetzt gibt es interessante Dinge zu entdecken. Bei sternenklarem Himmel kann man beispielsweise die Plejaden sehen. In der Zeit von Juli bis April sind diese am nördlichen Sternenhimmel recht gut sichtbar. Im Messier-Katalog, einer Auflistung astronomischer Objekte, tragen sie die Bezeichnung M 45. Sie sind ein Teil unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße.

Beim Blick in den Nachthimmel wird deutlich, dass die Sterne ungleich verteilt sind. Der preußischen Ordnungsliebe zuwider. Dies lässt mich an die gerade vom Guide Michelin neu verteilten und bestätigten Sterne für unsere ausgezeichneten Restaurants in Deutschland denken, die ebenfalls einer Ordnung nicht zu folgen scheinen und eher willkürlich im Land verteilt sind. Aus Berliner Sicht offenbart der Sternenhimmel schier Unglaubliches: Drei Sterne für ein Restaurant in Hamburg! Die Gourmets der Hauptstadt sind erschüttert.

Doch hält die Erschütterung nicht allzu lange an. Warten wir halt noch ein Jährchen. Nutzen wir die Zeit und besuchen einen besonders geschätzten Kreativen der Hauptstadt, Hendrik Otto, Küchenchef im Lorenz Adlon Esszimmer, dem Gourmetrestaurant der Hotellegende Adlon.

Da ich bereits im März dieses Jahres einen längeren Bericht zu Hendrik Otto veröffentlicht habe, möchte ich mich heute auf eine kurze Aktualisierung beschränken.
Das Ambiente ist bereits hinreichend beschrieben worden. So mancher Gast mag beim ersten Anblick eine konservative Atmosphäre vermuten, doch die professionelle Leichtigkeit der Servicecrew lässt keinen Berührungsängste aufkommen.

Zum Menü.

Eröffnet wird mit den obligatorischen Grüßen aus der Küche, die filigran gestaltet und geschmacksintensiv die Vorfreude auf das Menü verstärken. Lassen Sie mich beispielhaft den geräucherten Aal erwähnen, der uns beiden sehr gut gefallen hat.

Es folgen:

Gänseleber

Gänseleber, gefroren, roh und Creme
Topinambur, eingelegte Pilze, Sellerie, Holundercreme, Kerbel

BB

Bouillabaisse
Hummer, Langostino, Calamaretti, Fenchel, Honigtomaten, Aniskraut

Forelle

Forelle, Bratkartoffelschaum
Escabeche, Schalotten, Biarritz Püree, Meerrettich, Majoran, Dill

Aubergine

Aubergine, grüne Gazpacho
Tomate, Peperoni, Feige, Mozzarella, Lardo, Zitronenthymian

Etouffé Ente, Sauce Rouennaise
Grüne Bohnen, rote Bete, gedörrte Heidelbeeren, kandierter grüner Pfeffer, Nelke

Käsebrot
Camembert, Kopfsalat, Radieschen, Lauch, Bohnenkraut

D

Weiße Schokolade, Basilikum-Sauerklee-Eis
Karotte, Ananas, Kopfsalat, Weizen, Lavendel

Hendrik Ottos Kreationen bereiten höchstes Essvergnügen. Besonders angetan bin ich von den Gerichten, die eine „Überarbeitung“ erfahren, also fortentwickelt werden wie z. B. die Gänseleber, die mich bereits im März begeistert hat und die eine weitere Steigerung erfahren hat.

Die mit einem Pilzfond veredelte roh marinierte Variante (o.Abb.) und überzeugt uns durch die Koalition zweier kräftiger Geschmacksnoten.

Unterschiedliche Texturen und eindrucksvolle Akkorde bleiben ebenso in Erinnerung wie die Leichtigkeit, die beeindruckende Eleganz der Kreation.

Ein besonderer A-ha-Effekt geht von der Kombination mit Aubergine und grünem, mit dezenter Schärfe ausgestatteten Gazpacho aus. Es scheint gewagt, dem Gast ein solch stattliches Stück vom fetten Speck zuzumuten ohne sogleich mit der Spirituosenflasche an der Tischkante zu stehen. Doch erstaunt die Kombination besonders dadurch, dass sich die einzelnen Bestandteile prächtig ergänzen und geschmacklich harmonieren.

Auch die Ente möchte ich besonders hervorheben.
Der kandierte grüne Pfeffer ist ein besonders pfiffiger Einfall zum perfekt gegarten Fleisch der Ente, deren krosse Haut vorzüglich mundet. Aufgewertet wird die Kreation durch die unverzichtbaren Fruchtnoten und eine aromatische Sauce Rouennaise.

Bei solcher Qualität und Kreativität ist, meiner Meinung nach, der blubbernde und wabernde, nach Kaffeearoma riechende Dampf zu den das Menü abschließenden Süssigkeiten eher entbehrlich.

Aufmerksamen Betrachtern der Fotos ist natürlich nicht entgangen, dass Otto den Gerichten jeweils drei Tupfen Gel oder Creme zur Seite stellt, die nicht nur geschmacklich zum Gericht passen sondern eine weitere Bedeutung haben. Sie stellen sozusagen die Signatur Ottos dar und erhöhen den Wiedererkennungswert bei all den vielen Fotos im Netz. So wird es mir auf Nachfrage erklärt. Beim nächsten Besuch werde ich darauf nochmals zurückkommen.

Wein und Service:

Champagner Krug, Grande Cuvée, Magnum
Gewürztraminer, Trimbach, Frankreich – Elsass 
Tenuta Ca’Bolani Aquilis Sauvignon Blanc Friuli Aquileia DOC 2013
2012, Sauvignon Blanc, Te Koko, Cloudy Bay, Marlborough, New Zealand
2014, Principi di Butera, Insolia, Sicilia, Sero
Ange, Cuvée MMXIV, Frankreich
Reisetbauer Sloeberry Blue Gin, Handcrafted
Picolit Vino dolce della casa, Jermann, Friaul, Italien

Shahab Jalali überrascht uns immer wieder aufs Neue.
Es überrascht uns dabei nicht, dass die Weine und andere geistige Getränke wunderbar zu den Speisen passen, vielmehr überrascht uns, in welchen Ecken dieser Welt er fündig wird. Winzer von denen ich nie oder nur wenig gehört habe und Weinregionen, an die ich nicht zuerst denken würde. Hinzu kommt seine Freude an der Präsentation der Bouteillen, die er mit Charme und Wissen vorstellt.

Der von Boris Häbel zurückhaltend und behutsam dirigierte Service, für den ich stellvertretend noch Steffen Kellner hervorheben möchte, ist hochprofessionell, engagiert und auskunftsfreudig.
Charmant und mit viel Witz, dabei konzentriert und sachkundig wird so eine entspannte und lockere Atmosphäre geschaffen.

FAZIT:

Zum dritten Mal berichte ich in diesem Blog über Hendrik Otto und allmählich gehen mir die Superlative aus.

Ottos handwerkliche Präzision und die Auswahl erstklassiger Produkte gehen Hand in Hand. Manchmal erscheinen die Gerichte auf den ersten Blick eindeutig der französischen Klassik zurechenbar, doch Ottos Kreationen sind so einfach nicht einzuordnen. Deutlich erkennen wir eine moderne Philosophie und zeitgemäße Umsetzung. Dabei werden die Erfahrungen und Eindrücke aus der Vergangenheit nicht ignoriert sondern neu entdeckt.

Zwei Sterne im Guide Michelin stehen für eine hervorragende Küche, die einen Umweg verdient. Uns jedoch ist sie eine Reise wert.

Mit dem nachfolgenden Link kommen Sie zum Internetauftritt des Restaurants.

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