Gästehaus Erfort (***)


Wieder einmal waren wir auf der Suche nach kulinarischen Spitzenleistungen in Deutschland unterwegs. Fündig wurden wir in Saarbrücken, wo Küchenchef Klaus Erfort im eigenen Restaurant Gourmets verwöhnt.

Vorweg ein paar Bemerkungen zum Zielort.
Die erste Erwähnung Saarbrückens finden wir in einer Schenkungsurkunde Kaiser Ottos III.
999 wurde die damalige Königsburg Castellum Sarabrucca erwähnt. Ein Geschenk an das Bistum Metz.

Der Name selbst hat, so jedenfalls darf vermutet werden, nichts mit einer Brücke über die Saar zu tun. Der älteste überlieferte Name ist nämlich keltischen Ursprungs und deutet wohl eher auf „Saarfels“ hin. Der keltische Stamm der Mediomatriker bevölkerte die Gegend der heutigen Stadt Saarbrücken. Hier soll der Ausflug in die frühe Geschichte der Stadt auch schon enden und die Gegenwart zu ihrem Recht kommen. Diese beschert uns mit dem Gästehaus Erfort ein Restaurant der Spitzenklasse, ausgezeichnet mit drei Sternen des Guide Michelin und 19,5 Punkten des Restaurantführers Gault Millau.

Doch bevor wir der Gegenwart endgültig den Vorzug geben, müssen wir noch einmal vier Jahre zurück in die Vergangenheit. So lange ist es bereits her, dass wir dem Gästehaus Erfort unsere Aufwartung machten. Damals konnten wir uns bereits vom kreativen Einfallsreichtum eines Klaus Erfort überzeugen, verbrachten einen genussreichen Abend und nahmen die Erkenntnis mit, dass der Service durchaus noch Luft nach oben hat. Auf die vierjährige Zeit der Abstinenz hatte dies jedoch keinen Einfluss. Vielmehr stand die Entfernung von Berlin nach Saarbrücken einer früheren Wiederholung im Wege.

In der eleganten Villa war für uns ein Tisch von eher bescheidenem Ausmaß, jedoch am Fenster mit Aussicht auf den gepflegten Park, vorgesehen. Der Empfang war freundlich und routiniert. Restaurantleiter und Sommelier Jérôme Pourchère besprach mit uns Menü und Weinauswahl und schon startete das kulinarische Vergnügen mit dem ersten Amuse-Gueule.

Klaus Erfort, den ich aufgrund seiner seit Jahren erfolgreichen Tätigkeit als Küchenchef hier nicht näher beschreiben muss, orientiert sich nach meiner Meinung nahe am Produkt.

Was heißt das?
Das Produkt steht im Mittelpunkt, das erwartete Geschmackserlebnis ist auch das tatsächliche Geschmackserlebnis. Erforts Präsentationen verführen mit Aromen und Texturen, die Gerichte enthalten nur wenige Komponenten ohne dabei puristisch zu wirken. Dies zeigt sich in den einzelnen Gängen des Menüs ebenso wie in den delikaten Kleinigkeiten im Vorspann, die bereits hohe Anforderungen an Kreativität und Aufwand stellen.

Von oben sehen wir:

– Mediterrane Pizza, Tomaten, Anchovis


– Rote Bete-Maccaron


– Wachtelei, Trüffel


– Rindertatar, Kaperncrème und Langostinotatar

Beim Rindertatar zeigte sich die Flexibilität der Küche, gepaart mit der Orientierung am Gast.
Meine Frau deutete an, darauf verzichten zu wollen, flugs wurde das Rind durch ein Langostinotatar ersetzt.

Gillardeau-Auster, Soja, Apfelperlen

Joghurtcrocant mit Thunfischtatar

Bretonischer Hummer auf Waldboden mit Bohnen, Erbsensprossen, Zucchini, Radieschen, Karotten

Der insgesamt stimmige Auftakt war bereits ein deutlicher Fingerzeig in Richtung Klasse, Qualität und Geschmacksfülle.

Garnelen und Gänsestopfleber, roh mariniert mit Limonenöl und Ingwergelee.

Die Garnelen waren von guter Qualität und harmonierten prächtig mit der Gänsestopfleber.
Allein das Limonenöl schien mir insgesamt etwas zu aufdringlich.
Die Gänsestopfleber, die wir auch schon oft als üppig empfunden hatten, war hier mengenmäßig zurückhaltend eingesetzt und beließ dem Gang damit seine Leichtigkeit.
Leichtigkeit ist ein gutes Stichwort. Klaus Erfort überraschte uns mit einem Menü, das genau durch diese Leichtigkeit bestach. Gerade an einem warmen Sommertag nahmen wir dies erfreut zur Kenntnis.
Jérôme Pourchère empfahl uns aus dem Weingut Fürst aus Bürgstadt einen 2008er Centgrafenberg, Weißer Burgunder, der uns durch die nächsten Gänge begleiten sollte. Wie sich herausstellte war dies eine gute Wahl, da er die einzelnen Speisen zurückhaltend und harmonisch ergänzte.

Lauwarmes Langoustinen-Carpaccio mit Pfifferlingen und Schnittlauchsud.

Die guten Pfifferlinge waren äußerst klein geraten, Sud und Langoustinen-Carpaccio ergaben ein schönes Geschmacksbild. Ein gelungener Gang bei dem deutlich zu sehen ist, dass Erfort genau das auf den Teller bringt, was zur Präsentation eines bestimmten Produktes benötigt wird. Dennoch weigere ich mich, diesen Stil als puristisch zu bezeichnen. Damit meine ich, dass die einzelnen Gänge nicht von überlüssigen oder fremden Zutaten befreit wurden, sondern dass Weiteres einfach nicht benötigt wird.

Tomaten-Tarte mit Auberginen und Sardinen.

Ein krosser Boden als Unterlage für Auberginen und Sardinen, ließ einen unweigerlich an eine Pizza denken. Vielleicht ein bisschen zu würzig geraten und trotz der kleinen Einschränkung noch immer geschmacklich und optisch ein Genuss.

Gegrilltes Rotbarbenfilet mit Seppioline, Saubohnen und Escabech-Sud.

Die kleinen Kopffüsser adelten die hervorragende gegarte Rotbarbe, die mit feinen Grillaromen aufwartete und durch den Sud, der eine dezente Würze beisteuerte, ein insgesamt stimmiges und geschmacklich gut austariertes Gesamtbild ergab.
Ein bisschen scheint man in deutschen Spitzenrestaurants von Rotbarben verfolgt zu werden, doch in dieser Qualität und mit diesem kreativen Touch, lasse ich mich gerne darauf ein.

Pot au Feu von der Poularde mit Erbsen, Sommertrüffel und Pancetta

Pot au Feu, natürlich wissen dies alle, ist ein klassischer Eintopf aus dem ländlichen Nordfrankreich. Hier haben wir nun eine moderne Interpretation auf dem Teller. Die Schäumchen, von denen das auf der linken Seite als Speckluft annonciert wurde, zeigen, dass Klaus Erfort zeitgenössische Einflüsse durchaus nicht fremd sind. Dabei, so darf ich sagen, verzichtet er auf vordergründige Effekte und Spielereien. Die Verbindung von Klassik und Avantgarde gelingt im Gästehaus vortrefflich.

Glasierter Rehrücken mit Sellerietexturen, Steinpilzen und Apfel-Cannelloni.

Die Sellerietexturen auf der linken Seite harmonierten mit Reh und Pilzen. Der unspektakulär aussehende Gang war von hoher Qualität, perfekt gegart und hatte mit den Apfel-Cannelloni den entscheidenden Kick.
Dazu gab es ein Glas vom 2008er Châteauneuf-du-Pape, Domaine de Ferrand. Reife rote Früchte und Gewürznoten zeichneten diesen Wein aus.

Zartbitterschokolade mit Nougat und Kirschen.

Man sieht förmlich, wie es schmeckt.

Interpretation von der Pêche Melba

Die klassische Pfirsisch Melba ist eine Kreation von Auguste Escoffier zu Ehren der Operndiva Nellie Melba (1861-1931). Die Dame trat bei der Premiere von Lohengrin 1892 in London auf und inspirierte Escoffier zu dieser Kreation. Zwei Kugeln Vanilleeis, ein enthäuteter Pfirsich, mit einem Himbeerschleier überzogen, sollte den Schwan aus dem 1. Akt darstellen.

Die gelungene und interessante Interpretation aus dem Hause Erfort war ein wahrer Genuss. Die Desserts insgesamt hielten das hohe Niveau des Menüs.

Nos Petites Sucreries.

Hier belasse ich es bei einem kleinen Ausschnitt.

 

 

 

 

 

FAZIT:

Restaurantleiter und Sommelier Jérôme Pourchère geleitete uns gekonnt durch ein genussreiches Menü und einen spannenden Abend. Ohne ihn kann ich mir das Gästehaus nicht vorstellen. Der Service insgesamt war freundlich, routiniert und geschäftsmäßig. Dies sage ich uneingeschränkt, auch wenn man anscheinend der Überzeugung war, dass nach dem Hauptgang Wasser als Getränk ausreichen sollte. Einen passenden Wein zu den Desserts hätte ich jedoch auch selbst ordern können.
Die Küchenleistung war, wie erwartet, überzeugend. Wer das Gästehaus besucht, hat auf jeden Fall eine sehr gute Wahl getroffen.
Klaus Erfort ließ sich auch diesmal nicht an unserem Tisch sehen. Lange habe ich darüber nachgedacht, ob ich diese Tatsache überhaupt erwähnen sollte und wie ich sie schließlich einordnen könnte. Ich kenne eine Reihe namhafter Köche, die entweder auf den obligatorischen Rundgang verzichten oder nur unregelmäßig davon Gebrauch machen.
Klaus Erfort ist Küchenchef und Inhaber des Gästehauses, ich finde, er sollte ein Interesse am Feedback seiner Gäste haben.
Wie lange es diesmal dauert bis wir wieder den Weg nach Saarbrücken finden?

Zur Homepage des Restaurants gelangen Sie hier: www.gästehaus-erfort.de

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