Im Vorfeld der Michelin-Pressekonferenz wird Jahr für Jahr munter spekuliert und geraten, wer auf- oder abgewertet wird und wer erstmals einen Stern bekommt. So auch in diesem Jahr. Nun hat die Spekulation ein Ende, die Würfel sind gefallen.
Bevor ich auf die aktuellen Veränderungen eingehe, kurz noch einige Vorbemerkungen.
In den letzten fünf Jahren hat die Zahl der „Sternerestaurants“ in Deutschland etwa um
30 % zugelegt. Der Trend ist ungebrochen. Ohne dies kritisieren zu wollen ist jedoch, zumindest für mich, auffällig, dass diese Entwicklung in die Breite nicht unbedingt mit einer signifikanten Qualitätssteigerung einhergeht. Um es deutlicher zu sagen, die Suche nach außergewöhnlicher Küchenleistung führt unweigerlich in den Zwei- und Drei-Sternebereich. Dies wird durch die Kriterien, die der Restaurantsführer für die Sternevergabe entwickelt hat, ebenfalls deutlich:
Ein Stern – „Eine Küche voller Finesse – einen Stopp wert“
Zwei Sterne – „Eine Spitzenküche – einen Umweg wert“
Drei Sterne – „Eine einzigartige Küche – eine Reise wert“
Ebenso auffällig ist, dass der deutsche Gourmet eine Vorliebe für eine „ungezwungene“ Atmosphäre entwickelt hat und besonders gerne regionale Produkte bevorzugt. Nun, da die Angst mittlerweile zum deutschen Nationalheiligtum gehört, ist es nicht verwunderlich, dass weiße Tischdecken bereits Angst und Schrecken beim Esser auslösen können. Casual Fine Dining ist trendy.
Die Selbstbeschränkung auf regionale Produkte wird allenthalben als Fortschritt, zumindest als Weiterentwicklung, verstanden. Meine Kindheitserinnerungen kreisen noch immer um unseren riesigen Garten, der fast alles zum täglichen Leben hervorgebracht hat. Es war für mich eine unglaubliche Bereicherung endlich auf eigenen Beinen stehen zu können und mich beim Essen asiatischen, afrikanischen und wasweißichnochalles Einflüssen öffen zu können.
In Berlin kann ich an jeder Ecke sprichwörtlich in einem anderen Land speisen, was mich zum Freund der Vielfalt gemacht hat. Und zu dieser Vielfalt rechne ich auch die Restaurants mit regionaler Ausrichtung. Einen Selbstzweck sehe ich darin nicht.
Nun zur Tagesaktualität.
Am 1. Dezember 2016 wurde der Guide Michelin Deutschland 2017 in der Mercedes-Benz Niederlassung am Salzufer in Berlin vorgestellt. Die Moderation oblag wie bereits im letzten Jahr Florian König. Das Dinner kreierte Markus Semmler.
Wie immer war es Michael Ellis vorbehalten, die Neuigkeiten zu verkünden.
Neuigkeiten, die allerdings keine mehr waren, da durch die fast schon obligatorischen Indiskretionen im Netz alles nachzulesen war.
Die Köchinnen und Köche, die sich ihre Auszeichnungen mehr als verdient haben, hatten zum Glück bei dieser Pressegala den ihnen zustehenden würdigen Rahmen.
Auch beim Bib Gourmand hat sich sehr viel getan.
Stellvertretend möchte ich Lukas Mraz aus der Berliner Cordobar und Josita Hartano, ebenfalls Berlin, aus dem Lucky Leek erwähnen.
Die neuen Einsternerestaurants:
Amtzell, Schattbuch, Christian Grundl,
Berlin, einsunternull, Andreas Rieger
(siehe Bericht: https://www.bsteinmann-gourmet-unterwegs.de/einsunternull/)
Birkenau, Schwarzberg – Lammershof by Schwarz, Manfred Schwarz
Bonn, EQUU, Robert Maas
Bonn, Kaspars, Felix Kaspar
Düsseldorf, Bread & Roses, Volker Drkosch
Düsseldorf, Le Flair, Dany Cerf
Düsseldorf, Nenio, Bastian Falkenroth
Franfurt am Main, Atelier Wilma, Michael Riemenschneider
Hamburg, Petit Amour, Boris Kasprik
Hannover, Jante, Tony Hohlfeld
Heroldsberg, Sosein, Felix Schneider
Hohenkammer, Camers Schlossrestaurant, Florian Vogel
Kiel, Ahlmanns, Mathias Apelt
Kirschau, Juwel, Philipp Liebisch
Köln, L’escalier, Maximilian Lorenz
Köln, Zur Tant, Thomas Lösche
Leipzig, Die Residenz im Herrenhaus, Peter Niemann
Limburg an der Lahn, 360°, Alexander Hohlwein
Ludwigsburg, Gutsschenke, Ben Benasr
Lübeck, Villa Mare – Balthazar, Oliver Pfahler
Mittenwald, Das Marktrestaurant, Andreas Hillejan
Nagold, Alte Post, Stefan Beiter
Nürnberg, Entenstuben, Fabian Denninger
Nürnberg, ZweiSinn Meiers / Fine Dining, Stefan Meier
Pirmasens, Die Brasserie, Vjekoslav Pavic
Stuttgart / Fellbach, Oettinger’s Restaurant, Michael Oettinger
Wolfsburg, Saphir, André Münch
Herzlichen Glückwunsch!
Von links: Nakamura, Müller, Ellis, Brandt
Auch die Zweisterner erhalten Zuwachs:
Berlin, Rutz, Marco Müller (hierzu gibt es in Kürze einen neuen Bericht)
Mannheim, OPUS V, Tristan Brandt
München, Geisels Werneckhof, Tohru Nakamura
Herzlichen Glückwunsch!
Kommen wir nun zur spannendsten Kategorie, die Dreisterner.
Tja hier tut sich nichts. Dies ist besonders aus Berliner Sicht enttäuschend.
Wie jedes Jahr werden hier Namen gehandelt. Und wie jedes Jahr passiert nichts.
Die bittere Erkenntnis kann daher nur lauten: Berlin ist in der Breite top, in der Spitze allerdings anscheinend nicht gut genug.
Während also im Einsternesegment Casual Fine Dining rockt, bleibt die Spitze unter sich.
Baiersbronn, Restaurant Bareiss, Claus-Peter Lumpp
Baiersbronn, Schwarzwaldstube, Harald Wohlfahrt
Bergisch-Gladbach, Vendôme, Joachim Wissler
Hamburg, The Table Kevin Fehling
Osnabrück, La Vie, Thomas Bühner
Perl, Victor’s Fine Dining by christian bau
Rottach-Egern, Restaurant Überfahrt Christian Jürgens
Saarbrücken, GästeHaus Klaus Erfort
Wittlich/Dreis, Waldhotel Sonnora, Helmut Thieltges
Wolfsburg, Aqua, Sven Elverfeld
Zum Abschluss möchte ich noch kurz auf das Essen eingehen.
Metro Deutschland kreierte:
Hamachi, saures Gemüse, Tom Yam
Sternekoch Markus Semmer verwöhnte uns mit
geangeltem Wolfsbarsch, Rote Bete, Blumenkohl und Trüffel
Auch ein vegetarisches Gericht durfte nicht fehlen.
Schwarzfederhuhn, Schwarzwurzel, wilder Brokkoli, Meerrettich
Die Weine:
2014, Dittelsheimer Riesling – Kalkstein, Weingut Winter, Rheinhessen
Super Crin Rosso, Barbera 100%, Martin Hrtweg, Canale/Cuneo, Italien
2011, Dittelsheimer Chardonnay/Weissburgunder, Weingut Winter, Rheinhessen
Kommentare