Denkt man an das Weingut Dr. Heger, verbindet man den Namen sofort mit Spitzenerzeugnissen für höchste Ansprüche. Die Lagen Ihringer Winklerberg oder Achkarrer Schlossberg kennen Weinliebhaber weit über die Grenzen Deutschlands hinaus.
Den Grundstock legte Dr. Max Heger, Landarzt in Ihringen und begeisterter Hobbywinzer, bereits im Jahr 1935. Heute leitet in dritter Generation Joachim Heger mit seiner Frau Silvia das Weingut.
Es hat mich sehr gefreut, dass Joachim Heger in ein schriftliches Interview einwilligte und interessante Einblicke in die Arbeit und Philosophie eines Winzers gestattete. Doch lesen Sie selbst:
Bernhard Steinmann (B.St.): Die Bekämpfung der Coronapandemie hat uns zahlreiche Einschränkungen beschert, nicht nur im privaten Bereich sondern auch in der Arbeitswelt. Welche Auswirkungen hatte dies auf Ihr Unternehmen?
Joachim Heger (J.H.): Da unser Weingut einen sehr großen Anteil an guten Gastronomiekunden hat, kann man sich vorstellen, dass die Auswirkungen auf unseren Weinverkauf sehr groß waren. Aber glücklicherweise haben während des Lockdowns unsere Privatkunden sehr gute Bestellungen getätigt. Weil es der Natur und dem Rebstock egal ist, ob es eine Pandemie gibt, blieben die Kosten im Betrieb jedoch gleich. Es ist aber sehr erfreulich, dass die Umsätze nun langsam wieder etwas anziehen. Bis wir allerdings wieder in den gewohnten Umsatzbereich kommen, wird es noch dauern.
Joachim Heger (© Baschi Bender)
B. St.: Sie leiten das Weingut Dr. Heger in dritter Generation. 1986 gründeten Sie zusätzlich das Weinhaus Heger, davor haben Sie das Weingut Fischer übernommen. Können Sie uns die Bedeutung dieser drei Standbeine kurz erläutern?
J.H.: Das Weingut Dr. Heger ist die Urzelle unseres Unternehmens. Es ist ein qualitativ sehr ambitioniertes VDP.Weingut, das seine Weinberge in den absoluten Spitzenlagen des Kaiserstuhls bewirtschaftet. Es ist unter den Kaiserstühler Privatweingütern aber auch das Weingut, welches den höchsten Anteil an Terrassen- und Steillagen am Kaiserstuhl hat. Das bedeutet viel Handarbeit und Handarbeit bedeutet immer sehr hohe Kosten und einen überdurchschnittlich hohen manuellen Aufwand.
Im Weingut Dr. Heger finden Sie VDP. GROSSE LAGEN UND ERSTE LAGEN und seit diesem Jahr auch VDP.ORTSWEINE.
Um auch im Einstiegssegment beste und gleichbleibende Qualitäten anbieten zu können, haben wir mit dem Weinhaus Heger, einem Handelsbetrieb (Négociants éleveurs), schon 1986 ein zweites Standbein geschaffen. Die Trauben für Weinhaus Heger-Weine stammen sowohl aus eigenen Weinbergen, wie beispielsweise auch aus Junganlagen der Dr. Heger-Lagen am Winklerberg und Schlossberg, die bis zu einem gewissen Alter nicht zu Großen Gewächsen oder Ersten Lagen verarbeitet werden.
Das Weingut Fischer in Nimburg-Bottingen wurde 1997 erworben. Das war durch die völlig unterschiedlichen Böden, das etwas kühlere Klima und die deutlich unterschiedlichen Weine eine große neue Herausforderung. Zukünftig werden wir uns in diesem deutlich kühleren Terroir mit höheren Säuren und niedrigeren Mostgewichten mit der Produktion von Spitzensekten beschäftigen.
B.St.: Die Gegend um den Kaiserstuhl scheint eine Wärmeinsel zu sein. Der Ihringer Winklerberg ist der Weinberg mit den meisten Sonnenstunden Deutschlands. Ist der Weinanbau in dieser Gegend besonders priviligiert?
J.H.: Das versteht sich von selbst. Zumal die Gesteinsböden, mit ihrer geringen Wasserhaltefähigkeit und den daraus resultierenden tiefwurzelnden Reben am Süd- und Westkaiserstuhl eine gute Basis für einzigartige, salzig und mineralische Weine bilden.
B.St.: Welche Rolle spielt das Terrain. Damit meine ich vor allem die Vulkanverwitterungsböden mit Löss- oder Lösslehm-Auflage?
J.H.: „Terroir“ ist immer der Sammelbegriff der für die Produktion von Spitzenweinen notwendigen Faktoren: Sonne, Wasser, Temperatur, Bodenbeschaffenheit, Klone, Art der Begrünungen und nicht zuletzt die Arbeit des Winzers können in der Summe als „ Terroir“ bezeichnet werden. Die mehr oder minder hohe Lössauflage hat einen immensen Einfluss auf die Art und auch die Qualität der Weine.
B.St.: Spitzenlagen wie Winklerberg und Achkarren werden von Weinliebhabern sehr geschätzt. Meiner Meinung nach kommt es aber besonders auf die Qualität der Verarbeitung an. Wie sehen Sie das Zusammenspiel von Lage und Verarbeitung?
J.H.: Das ist natürlich auch ein weiterer Faktor. Es gilt, und das ist keineswegs nur so daher gesagt, die Qualität aus dem Weinberg in die Flasche zu packen. Deswegen ist unsere Prämisse, möglichst wenig Manipulation in diesen Spitzenlagen durchzuführen, um die geschmacklichen Besonderheiten dieser Terroir-Weine besonders gut zu erhalten.
B.St.: Wie wird sich der Klimawandel auf den Weinbau auswirken und wie bereiten Sie sich darauf vor?
J.H.: Wir nehmen das Thema sehr ernst und beschäftigen uns schon lange damit: Die Wahl der Klone ist ebenso wichtig, wie gezielte Laubarbeiten, ein cleveres Laubwand-Management, der Einsatz von Netzen, die ideale Düngung und natürlich die Begrünung. Jedes Jahr ist die höchste Maxime zudem der optimale Lese-Termin.
B.St.: Sie haben mittlerweile Silvaner, Weißburgunder, Grauburgunder und Spätburgunder zu VDP-Ortsweinen upgegradet. Aus welchen Lagen stammen diese Weine und was zeichnet diese aus?
J.H.: Wir haben Silvaner, Weißburgunder, Grauburgunder und Spätburgunder nicht upgegradet, sondern haben unseren Ersten Lagen einen „Unterbau“ gegeben. Die Reben für die Ortsweine haben nun das richtige Alter erreicht, um als Dr. Heger Weine in der VDP.Ortsweinlinie zu rangieren. Die Lagen sind hochwertige traditionelle und charaktervolle, bestens gepflegte Weinberge, die alle die für das Ihringer Terroir ausschlaggebenden Faktoren in sich vereinen. Unsere neuen Ortsweine bieten wirklich ein geniales Preis-Genuss-Verhältnis.
B.St.: Erzählen Sie uns doch bitte etwas über das Pferd Willi nach dem immerhin ein Wein benannt wurde.
J.H.: „Pferd Willi“, ein junger Kaltblüter, arbeitet seit vier Jahren bei der Bodenbearbeitung in den alten engzeiligen Weinbergen mit. Das sind zum einen alte Silvaner-Rebenanlagen, der mit Spätburgunder bepflanzte Häusleboden und unser Muskateller-Weinberg aus dem Jahr 1951. Willi zieht mit dem Pflug im Winter und Frühjahr Furchen, das dient der Lockerung des Bodens, lässt die Wurzeln der Rebstöcke besser atmen und sorgt so für ideale Wachstumsbedingungen. Unser Ausnahme-Silvaner *** trägt deshalb jetzt den Namen „Pferd Willi“, denn der gesamte Anbau als auch der Ausbau des Silvaners sind geprägt von der Nähe zur Natur: von der Lockerung der Bodenstruktur bis hin zur Gärung in den großen Holzfässern, der Lagerung auf der Feinhefe und dem biologischen Säureabbau, wird der Wein zudem unfiltriert auf die Flasche gefüllt.
Joachim Heger (© Baschi Bender)
B.St.: Eine Ökozertifizierung haben Sie bisher nicht angestrebt. Weshalb nicht?
J.H.: Der Einsatz von Spritz-Drohnen ist in unseren Terrassenlagen immer noch nicht möglich, deswegen können wir noch nicht mit kürzeren Spritzabständen operieren, das ist für Ökospritzmittel aber unabdingbar… Außerdem ist es in diesen speziellen Lagen und den steinigen Böden deutlich schwieriger, mit entsprechenden Spezialgeräten zu arbeiten. Wir haben in den letzten Jahren bereits keine Insektizide, nahezu keine Herbizide und keine Akarizide mehr eingesetzt und unterscheiden uns vom Öko-Weinbau lediglich durch den Einsatz von ein oder zwei Mitteln wie der phosphorigen Säure, die noch zum Einsatz kommen.
B.St.: Mit Spitzenerzeugnissen aus der Burgunder-Rebenfamilie haben Sie es in die Weltklasse beim Eichelmann Weinführer und im Gault&Millau Weinguide geschafft. Welche Bedeutung haben solche Einstufungen für Sie und Ihr Unternehmen?
J.H.: Wir müssen diese Einschätzungen und Bewertungen immer wieder untermauern und haben jedes Jahr die Herausforderung, Spitzenleistungen zu bringen. Es ist sicherlich so, dass Sommeliers, Weinfreunde und Verbraucher darauf achten, wie ein Betrieb wie der unsere bei diesen Bewertungen abschneidet. Die meisten unserer Kunden aber verlassen sich auf ihr eigenes Urteil und kaufen ihre Weine nach den eigenen Vorlieben.
B.St.: Bei der Beschreibung eines Weines liest man beispielsweise von Lorbeer, Mirabellen, Lakritz und anderen Geschmacksrichtungen. Wird zu viel in den Wein hineininterpretiert oder schmeckt jeder etwas anderes?
J.H.: Als Winzer und Kellermeister probiert man die Weine natürlich nach anderen Kriterien, als dies ein Sommelier tun würde. Geschmack ist am Ende subjektiv und der Amateur (Amour = Liebe) schätzt diese Vergleiche einfach als Orientierungshilfe.
B.St.: Gibt es so etwas wie Trends in der Weinbranche? Wohin geht die Entwicklung?
J.H.: Natürlich gibt es auch beim Wein – jenseits der Großen Klassiker – immer wieder Trends. Besonders freut uns natürlich der Trend, dass Rosé-Weine immer besser beim Verbraucher ankommen. Als Burgunderbetrieb können wir hier immer gut punkten, was wir auch mit der Entwicklung unseres Fumé gut gezeigt haben. Ansonsten lieben wir handwerklich gut gemachte, reintönige Weine, die ihre Sorte und ihr Terroir zeigen – die Großen Klassiker. Unsere Liebe gilt den großen Burgundern mit Potenzial, die reifen können.
B.St.: Vielen Dank für das interessante Interview.
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