Les Solistes by Pierre Gagnaire

Titel

Die mit großer Spannung erwartete Eröffnung des Hotels Waldorf Astoria Berlin liegt nun hinter uns. Am 10. Januar 2013 öffnete zudem auch das Gourmetrestaurant Les Solistes by Pierre Gagnaire in der Belle Etage des Hauses seine Pforten.

Im Mittelpunkt dieses Berichtes sollen natürlich meine Eindrücke zu Speisen und Getränken stehen. Gleichwohl wäre es eine reizvolle Aufgabe, mehr über das Hotel, seinen Standort und über das internationale Flair zu berichten, das mit diesem Haus verbunden ist und das mich in vielen kleinen Details an das Waldorf Astoria in New York erinnert. Gerade die weltoffene Atmosphäre, ein internationales Publikum und aufgeschlossene Berliner verbinden sich hier zu einem interessanten Mix, der einfach zu einer Metropole gehört. Ganz im Gegensatz zu dem spießbürgerlich anmutendem Geplänkel, welches kürzlich in der anderen Hälfte der Stadt zu teils lustigen und teils ärgerlichen Kommentaren über Schrippen und Wecken geführt und damit die Weltoffenheit der Metropole konterkariert hat.

Die Berliner Gourmetszene jedenfalls ist um eine Attraktion reicher geworden. Pierre Gagnaire, einer der weltbesten und einflussreichsten Köche, braucht man nicht mehr vorzustellen. Weltweit sind seine Restaurants mit Michelinsternen ausgezeichnet worden, alleine sein Restaurant in Paris wurde mit drei Sternen versehen. Aus Gagnaires Londoner Sternehaus „Sketch“ kam Küchenchef Roel Lintermans nach Berlin um das Küchenkonzept umzusetzen. Mit Maître Vedad Hadziabdic wurde ein erfahrener Gastgeber und Sommelier verpflichtet, der nach verschiedenen Stationen zurück nach Berlin gefunden hat.

Pierre Gagnaire war an diesem Abend in der Küche und wird dies auch in den nächsten Tagen sein. Stippvisiten in Berlin sind, so habe ich es verstanden, auch künftig geplant.
Auffallend sein bescheidenes und freundliches Auftreten.
Mit Roel Lintermans, der mit der Umsetzung des Küchenkonzeptes befasst ist, konnten wir uns in einem kurzen Gespräch ebenfalls austauschen.

Das große helle Restaurant hat ein modernes und sehr ansprechendes Ambiente. Es ist mit überaus bequemen Sitzmöbeln und mit erfreulich großen Tischen ausgestattet.

Der Empfang ist routiniert und freundlich, fast möchte man sagen, warmherzig, sodass man sich bereits bei den ersten Schritten durch das Restaurant wohlfühlen kann.

Nachdem der Aperitif gereicht und die Speisefolge gewählt wurde, wir entschieden uns für das Tasting-Menü, kamen auch schon die ersten Grüße aus der Küche und im Anschluss daran, der sehnsüchtig erwartete erste Gang.

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Carpaccio

von der Jakobsmuschel: Limone, Mango, Aloe Vera, dazu eine
geeiste Créme von Mais und Senf.
Eine interessante Kreation, die durch die ungewöhnliche Kombination mit der geeisten Créme von Mais und Senf aromatisch aufgewertet wurde. Die Maiskörner bereicherten das Ganze texturell und geschmacklich um eine weitere Nuance. Die zarte Säure untermalte und erweiterte das Aromenspektrum.

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Felchen

Es gab Mousse und Filet vom wohlschmeckenden Süßwasserfisch aus dem Bodensee.
Dazu Champignons-Duxelles mit Kresse verfeinert und eine angegossene Zezette-Bouillon mit Fenchel. Garniert mit hauchdünnen Champignonscheiben.
Das feste Fleisch des perfekt gegarten Fisches wurde durch die würzige Champignons-Duxelles aromatisch eingebettet und geschmacklich aufgewertet.
Dazu ein milder, gut abgeschmeckter Sud, etwas Koriander, Minze, Petersilie.
Die Balance zwischen Würze und mildem Geschmack wird dabei in besonderer Erinnerung bleiben.

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Auster

Gillardeau-Auster mit geräuchertem Aal,
Radicchio-Ravioli mit Rindermark,
Coco-Bohnen aus Paimpol mit Sanddornlikör.

Was ich zunächst als durchaus verblüffende Kombination empfand, entpuppte sich beim Verzehr als einzigartige Interpretation der Auster. Schon die einzelnen Komponenten waren beeindruckend. Die Überlagerungen der Geschmacksempfindungen des ganzen Gerichtes, also die Akkorde, überzeugten und waren von einer grandiosen Geschmacksdichte. Wobei die begleitende Komponente „geräucherter Aal“ mit seinen, Verzeihung, speckigen Noten, mich besonders beeindruckt hat.

Garniert wurde dieses Gericht mit der sogenannten „vegetarischen Auster“, nämlich
Oyster Leaves, die mit ihrem etwas salzigen Geschmack durchaus an Austern erinnern.

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Reh

Rehfilet mit Wacholder, Rotkohlmarmelade mit Cassis,
Kartoffeltarte mit Schalotten und gegarten Rüben
Rharbarber-Bananen-Eis verfeinert mit gereiftem Rum (ohne Abbildung)

Auf den ersten Blick ein klassisches Gericht, welches insgesamt stimmig und nuancenreich auftrumpfte. Wie bei allen Gerichten haben wir auch hier eine besondere Geschmacksfülle und Geschmacksdichte. Zart und cremig die Mousse von der La Ratte
Kartoffel, einer geschmacklich hochwertigen französischen Speisekartoffel.
Eine mehr als gute Ergänzung das Rharbarber-Bananen-Eis mit gereiftem Rum, welches eine gewisse Leichtigkeit beisteuerte.

Käse

Auswahl an Käsesorten der Gebrüder Marchand, Nancy.
Wie erwartet hatten wir auch hier eine interessante und hochwertige Auswahl an Käsesorten von Ziege und Kuh, auf deren Beschreibung ich diesmal verzichten möchte, da erstens jeder einen anderen Geschmack hat und zweitens, ich mir leider nicht alles gemerkt habe.

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Dips und andere kleine wohlschmeckende Begleiter wollte ich jedoch nicht vorenthalten und habe daher diese auf ein Foto gebannt.

Dessert

Das große PIERRE GAGNAIRE Dessert

Warum es das „große“ Dessert genannt wird, kann man unschwer an den folgenden Fotos erkennen.

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Die einzelnen Komponenten sind hier auszugsweise aufgeführt:

Kokosmacaron,
Johannisbeere mit Schokolade,
Orangengelee,
Ziegenkäsechip mit Johannisbeere.

Es folgen verschiedene Früchte mit einem Apfel in roter Mandarinenhaut.

Karamelleis mit Kokosmilch und Ananas,
Arlette (Kleingebäck) mit Früchten.

Biskuit mit verschiedenen Schokoladenschichten, überzogen mit dunkler Valrhonaschokolade und Schokoladeneis.

Pistazienparfait, Kastanie, Mandarinenspiegel.

Vermittelt die reine Aufzählung den Eindruck eines mächtigen Dessertmenüs, so zeigte sich, dass der Auswahl durchaus eine gewisse Leichtigkeit innewohnte und gut zu bewältigen war. Eine ausgezeichnete Performance.

Weinbegleitung:

2011 Riesling Brauneberger „Feinherb“, Weingut Fritz Haag, Mosel
2007 Silvaner Hohe Gräte GG, Weingut Luetzkendorf, Saale-Unstrut
2008 Chassagne-Montrachet Premier Cru „Morgeot“, Domaine Ramonet, Burgund
1997 Chateau Giscours Grand Cru, Margaux
2012 Riesling Oberhäuser Brücke Auslese – Goldkapsel, Weingut Dönhoff, Nahe
Banyuls Civee du Dr. Parcée, Domaine du Mas Blanc, Lanquedoc

Natürlich sind Weinbegleitungen Geschmackssache. Zudem muss der Wein zu den Speisen passen, was sicher häufig schwierig ist und in der Vergangenheit von mir auch heftig beklagt wurde.
Bei den Solisten blieb kein Wunsch offen, im Gegenteil. An diesem Abend hat alles gestimmt.

Service:

Wie bereits eingangs erwähnt, war der Service freundlich, kundig, professionell und für den ersten Abend schon außergewöhnlich routiniert, was übrigens schon bei der telefonischen Reservierung positiv aufgefallen ist.
Vedad Hadziabdic leitete den Service aufmerksam und ruhig.
Ein beeindruckendes Gesamtpaket.

FAZIT:

Pierre Gagnaire ist der französischen Stilistik treu geblieben, erschließt sich moderne Einflüsse wenn sie nützlich sind und zur Verbesserung seiner Kreationen beitragen.
Ihn der Klassik zuzuordnen oder eher der Avantgarde zuzurechen, auch die Bezeichnung „Molekularkoch“ habe ich bei der Recherche gefunden, erscheint mir nicht ausreichend, wird ihm auch nicht gerecht. Gagnaire ist Gagnaire.

Der Abend hinterlässt einen erstaunlichen Nachhall. Ungewöhnliche Kombinationen,
modern und phantasievoll, konnten uns begeistern.
Gelungen die Balance zwischen Tradition und Moderne, eindrucksvoll das Spiel mit Produkt und Zutat. Auf den Tellern regierten Ästhetik und Geschmack.

Zur Homepage des Restaurants gelangen Sie hier.

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