Gelungen die Balance zwischen Tradition und Moderne, eindrucksvoll das Spiel mit Produkt und Zutat. Auf den Tellern regierten Ästhetik und Geschmack.
So liest sich das Fazit meines ersten Besuches im Le Solistes by Pierre Gagnaire im Waldorf Astoria Berlin zu Beginn diesen Jahres.
Die erwachte Neugier auf das Können Pierre Gagnaires führte zwangsläufig zum Besuch seines Restaurants in der Rue Balzac in Paris im April. Das Menü war eindrucksvoll, blieb aber unter den Erwartungen. Der Zauber liegt, so hört man landauf, landab, bei Gagnaires à la carte-Gerichten.
Was also liegt näher, als einen Versuch zu wagen.
Der Vorreiter der Fusions Couisine arbeitet selbstverständlich mit tadellosen Produkten.
Der Zufall will es, dass Pierre Gagnaire auch an diesem Abend in Berlin ist.
Wie schon im Januar erleben wir einen freundlichen und bescheidenen Menschen.
Freunde hauptsächlich regionaler Küche werden erleben, dass nicht alles was, im übertragenen Sinne, vor der Türe wächst und gedeiht ausschließliche Verwendung findet.
Der Guide Michelin hat das Restaurant, in dem Roel Lintermans eine ausgezeichnete Arbeit leistet, mit einem Michelinstern ausgezeichnet. Eine echte Überraschung ist dies nicht.
Das Ambiente ist bereits im Januar angemessen gewürdigt worden.
Dem Service widme ich mich später.
Amuse Bouche
Parmesancréme mit einem Martini-Limetteneis und gehobelter Esskastanie.
Croque Sarlat (Geröstetes Graubrot/getrüffelter Bechand/Gruyere Käse).
Fasanenconsomée/Nashi Birne/rote Johannisbeere.
Verjus-Liebig/weiße Bete/Linsen.
Eine gelungene Einstimmung.
Entenstopfleber, Suppe, grüne Linsen, Gnocchis.
Entenstopfleberterrine marmoriert mit eingelegten Sherry-Feigen,
Dattel-Schleier, Apfelkompott mit roten Johannisbeeren.
Gebratene Entenstopfleber, kalt geräucherte Entenwürfel, Sauerkraut, knackige Navetten.
Die Entenstopfleber kommt in drei verschiedenen Variationen auf den Tisch.
Die cremige Suppe mit Gnocchis und grünen Linsen gefällt bereits durch die olfaktorische Wahrnehmung. Es ist letztlich die Interaktion von Geruch und Geschmack, die aromatischen Hochgenuss erleben lässt.
Die Terrine stellt süße Noten in den Vordergrund, die Feigen deutlich schmeckbar und passend zur Vorweihnachtszeit.
Cremig, mit vorzüglichen Rostaromen zeigt sich die gebratene Variante. Texturell wie geschmacklich ein absolut rundes Vergnügen. Der Sauerkrautschaum erweist sich als nahezu genialer Einfall.
Typisch für Gagnaires à la carte-Kreationen sind die „Satelittengerichte“, die sozusagen im Orbit der Hauptkomponente kreiseln. Dabei steht nicht ein Teller im Vordergrund, sondern ein Produkt oder ein Thema. In Frankreich erfreut sich diese Art der Präsentation weitaus größerer Beliebtheit, dafür sind die Preise in Deutschland deutlich geringer.
Die Hinwendung zu à la carte in Deutschland wird jedoch von vielen Küchenchefs der Spitzengastronomie nicht forciert. Eher geht der Trend dahin, nur noch ein, allenfalls zwei Menüs anzubieten.
Geangelter Wolfsbarsch in Zitrusbutter pochiert,
Kräuterkruste, Navetten mit Sepia.
Steinpilzcréme mit Bete.
Das weiße, feinfaserige und erkennbar gut strukturierte Fleisch des zu den barschartigen Fischen zählenden Wasserbewohners war perfekt gegart und von außergewöhnlicher Qualität. Die Kräuterkruste vermittelt angenehme Würze, welche perfekt mit der Säure der Zitrusbutter harmoniert. Topinambur, oftmals auch als Rosskartoffel bezeichnet, ergänzt und vollendet.
Mag das Gericht auch optisch puristisch erscheinen, ist es doch geschmacklich sehr eindrucksvoll.
Einen wunderbaren Kontrast bildet die Beilage von Steinpilzcreme und Bete.
Bresse-Huhn
auf zwei verschiedene Arten behandelt
Das Filet mit Oregano gebraten, Gemüsecurry.
Die Schenkel als Rilettes in einem cremigen Mousse aus Zitrusfrucht, Radicchio mit Walnußöl.
Die Kreationen sind gut durchdacht und mit handwerklicher Perfektion präsentiert.
Die würzige Heilpflanze Oregano kennen Sie spätestens seit ihrer ersten Pizza. Im Verbund mit der leichten Schärfe des ausgezeichneten Gemüsecurrys kommt das Fleisch erst richtig zur Geltung. Die perfekte Garung sei der Chronistenpflicht wegen erwähnt. Bei Roel Lintermans ist sie Standard.
An dieser Stelle werden die Petit Fours gereicht.
Marta gefüllt mit Banane&Grapefruit.
Mandelgrieß mit Orangenmarmelade.
Gelee von der Rotweinbirne.
Dreierlei Haselnussnougat.
Pistazienmousse mit roter Johannisbeere&Kirschwasser.
Lebkuchen Marshmallows.
Bei diesem reichhaltigen Angebot verzichte ich auf Fotos um nicht den Rahmen der Berichterstattung zu sprengen.
Köstlich und eindrucksvoll, mit viel Fantasie und Kreativität, so erleben wir die kleinen Darreichungen.
Wir entscheiden uns für unterschiedliche Desserts.
Napoléon
Traditioneller Millefeuille mit Vanille.
Drei saisonale Sorbets, Früchtekompott (o.A.)
Trotz des etwas wuchtigen Eindrucks ein überaus leichtes Erlebnis.
Die erfrischenden Sorbets gefallen, bleiben jedoch Beiwerk.
Schokolade
Tarte Ecuador-Schokolade mit Kakaowasser glasiert,
karamellisierte Haselnüsse und Mandeln, Brandy-Fudge.
Sorbet aus Caraibes-Schokolade/Vanille, Orangensirup (o.A).
Amandine aus Milchschokolade
Meine Vorliebe für Schokolade lässt mich dieses Dessert wählen.
Besonders auffallend sind Nüsse und Mandeln. Der Export aus Ecuador ist mit Kakaowasser glasiert und ist aromatisch überzeugend.
Weinbegleitung und Service:
Champagner, Louis Roederer,
2012 Silvaner Mönchshof, Bickel-Stumpf, Franken
2009 Riesling Wehlener Sonnenuhr Kabinett, J.J.Prüm, Mosel
2011 Gelber & Roter Traminer, Umathum, Burgenland
2011 Condrieu Les Terrasses de lÉmpiere, Goerges Vernay, Rhône
2008/2009 Pinot Noir Spielmann, Alte Grafschaft, Franken
Banyuls Cuvée du Dr. Parce, Domaine Du Mas Blanc, Langedoc-Roussillon
Sommelier Christoph Geyler ist an diesem Abend nicht im Hause. Er wird, so ist zu erfahren, das Les Solistes in Richtung Weinbar Rutz verlassen. Der Nachfolger steht bereits fest.
Für die gelungene Weinbegleitung zeichnet Alexandra Himmel verantwortlich. Eine sachkundige und auskunftsfreudige Sommeliere von hoher Professionalität.
Maître Vedad Hadziabdic dirigiert den aufmerksamen und unaufdringlichen Service mit Bedacht und ohne große Gesten. Den Vergleich mit Ansgar Fischer wage ich im Augenblick noch nicht, auch wenn ich ihn nicht gänzlich aus dem Kopf bekomme.
An diesem Abend sind wir in den Händen der besten Servicecrew der Hauptstadt.
FAZIT:
Roel Lintermans versteht sich besonders gut darin, die Ideen Pierre Gagnaires aufzunehmen und umzusetzen. Der kürzlich errungene Michelinstern ist berechtigt, meiner Meinung nach jedoch bei weitem nicht ausreichend.
Die Teller sind nicht überladen, Überflüssiges, gar Gimmicks, sucht man zum Glück vergebens. Dies haben die harmonisch austarierten Geschmacksbilder auch nicht nötig.
Alles zielt auf den Genuss, den Geschmack, keine verquaste Kopfküche, die den Gast ratlos zurücklassen würde.
Das Les Solistes by Pierre Gagnaire wird uns nicht zum letzten Ma(h)l begeistert haben.
Weitere Informationen zu Pierre Gagnaire und seinen Restaurants finden Sie auf dessen Homepage zu der Sie mit diesem Link gelangen.
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