Meine Restaurantbesuche: Mein Menü des Jahres 2012

Meiner Meinung nach…

…kommt die diesjährige Aufwertung und Anerkennung der erst kürzlich erfolgten Sternevergabe für deutsche Restaurants durch den Guide Michelin nicht von ungefähr.

Deutschlands Spitzenköche sind seit Jahren im Vorwärtsgang und müssen sich hinter ihren französischen oder spanischen Kollegen nicht verstecken.

Auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen scheinen auf den ersten Blick in unserem Land noch positiv zu Buche zu schlagen. Die Folgen der sogenannten Eurokrise, die den EU-Raum seit Jahren erschüttert und im Griff hält, ist zwar Dauerthema in den Medien, lässt aber dennoch weitere Chancen zu. Die Volkswirtschaften in Italien, Spanien und Frankreich, um nur wenige Beispiele zu nennen, sehen große Anstrengungen auf sich zukommen. Sparpakete und Schuldenbremsen werden sich auf alle Teile der Bevölkerung auswirken. Das Konsumverhalten wird sich verändern, Steuern und Abgaben, steigende Energiekosten, lasten auf den Bürgern. Deutschland scheint, meiner Meinung nach, gerüstet. Zumindest von außen betrachtet, scheint die Krise in Deutschland noch nicht so spürbar wie in den genannten Ländern. Daher verwundert es mich nicht, dass die gehobene Gastronomie in Deutschland so große Aufmerksamkeit und Wertschätzung erfährt.

Von der Leistungsfähigkeit unserer Topköche und Topköchinnen (wenn auch mit Sonja Frühsammer nur eine Köchin aufgesucht wurde) konnte ich mich auch in diesem Jahr überzeugen. Dies führte zu der Idee ein eigenes Menü des Jahres zu beschreiben. Geblieben ist davon eine Auswahl großartiger Eindrücke, die ich hier nochmals zusammenführen möchte. Beim Auswählen der einzelnen Gerichte durfte ich noch einmal in Erinnerungen schwelgen und konnte die genossenen Speisen Revue passieren lassen.
Ich bin mir sicher, dass dies eine Zusammenstellung ist, die man wohl so nicht angeboten bekäme, doch das ist nicht der springende Punkt. Interessanter war die Erfahrung, dass ich jeden Tag andere Speisen auswählte, variierende Zusammenstellungen vornahm. Das bestärkt mich in der Gewissheit, dass ich eine Reihe außergewöhnlicher Speisen in diesem Jahr kosten durfte.

Beginnen möchte ich mit einem Geschmackerlebnis der besonderen Art:

Harald Wohlfahrts (Schwarzwaldstube) Gänseleber.

Zweierlei von der Gänseleber, einmal mit Aprikosenmandelchutney und karamellisierten Haselnüssen sowie eine weitere Komposition mit Mandelmilchgelee und, wie kann es anders sein, Brioche (ohne Abbildung).
Links der Trennlinie finden wir eine süssliche Variante vor, die nicht zuletzt durch die karamellisierten Haselnüsse mit einem kräftigen Biss aufwartete. Die Nussnoten entwickelten sich langsam und stetig.
Rechts finden wir eine zarte, cremige Komposition vor.
Insgesamt eine großartige Interpretation, die durch das ebenfalls beigegebene, mit Frische und Leichtigkeit aufwartende Apfel-Ingwer-Chutney perfekt ergänzt wurde.

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Auch auf das Gänselebereis von Christian Bau (Victor´s Gourmet-Restaurant Schloss Berg) möchte ich nicht verzichten.

 

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Die nächste großartige Überraschung erlebten wir in der Weinbar Rutz, Berlin. Aus dem Menü von Marco Müller möchte ich besonders seine Präsentation von Spitzmorcheln herausstellen. Seine Inspirationen bestehen aus zwei Erlebnissen. Ich habe mich für das nachfolgende Erlebnis entschieden:


Spitzmorcheln mit Kohlrabi, Rettich, Ingwer und Schmorkartoffeln. Ein fein abgestimmtes Ragout, bei dem die Morcheln besonders hervortreten.

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Nach über vierjähriger Abstinenz führte uns der Weg wieder einmal nach Perl-Nennig zu Christian Bau. Diesen Besuch empfand ich als Highlight des Jahres 2012.
Ein klar durchstrukuriertes Menü, das von Anfang bis Ende auf hohem Niveau und großer Geschmackfülle zu überzeugen wusste. Die Mischung verschiedener Einflüsse ergaben komplexe Geschmacksbilder. Bau arbeitet produktorientiert und richtet detailverliebt an. Vor allem sein Spiel mit Kontrasten süss/sauer/salzig/weniger bitter und Temperaturen hat uns überzeugt. Das Gänselebereis hat bereits seinen Weg in den Jahresrückblick gefunden. Ein weiterer, überzeugender Gang: Japanisches Meer.

Rund um das Sashimi von Hamachi (Gelbflossenmakrele), mit Sepia (roh mariniert), angereichert mit Gartengurkensorbet, Gartengurkenpickles und marinierten Scheiben und Streifen der Gurke, offenbarte sich eine außergewöhnliche Aromatik. Grandios und zwar optisch wie geschmacklich, die falschen Muscheln von einer Miso-Yuzu-Canache (mit Maracuja). Weiter geht es mit geeisten Meerwasserperlen, Meeresträubchen, Tosakaalgen, Ponzugel, Kimizu (eine japanische Mayonnaise) und einer hellen Shisovinaigrette.

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Zurück zur Schwarzwaldstube, Baiersbronn.

Harald Wohlfahrts Küche ist eine der besten in Europa. Das habe ich schon häufiger so beschrieben. Hinzu kommt ein tadelloser, engagierter und kundiger Service. Ein grandioses Gesamtpaket. Aus unseren diesjährigen Besuchen habe ich für mein Menü des Jahres Wohlfahrts Interpretation des Steinbutts ausgewählt.

Der Gang bestand aus einem herrlichen Stück vom edelsten der Plattfische, angebraten und bei milder Temperatur porchiert, auf einem mediterranen Gemüsefächer (Tomaten, Zucchini, Aubergine),Tomatenkompott, Olivenkrümel, angegossen mit einer Pistoumarinade. Das feste, weiße Fleisch war von exzellentem Geschmack.
Das Auge isst ja bekanntlich mit. Ein Blick auf den mediterranen, filigran gestalteten Gemüsefächer assoziert eine solche Bemerkung jedoch zwangsläufig. Es sieht einfach großartig aus und, was das Beste ist, es schmeckt auch so. Garpunkt, Produktqualität, handwerliches Können, kreatives Denken, Texturen, Aromen, dies alles lasse ich einfach einmal weg.
Denn: Die angegossene, grandiose Pistoumarinade löste in Verbindung mit den übrigen Komponenten ein sinnliches Feuerwerk auf den Geschmacksknospen aus. Welch ein Genuss!

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Den Fleischgang zu meinem Menü des Jahres steuert Rainer Maria Halbedel bei, der seit vielen Jahren und auf hohem Niveau im eigenen Restaurant seine Gäste in Bonn verwöhnt.

Limousin-Lamm.


Der im eigenen Fett gegarte Rücken vom Lamm war von ausgezeichneter Qualität. Hinzu kamen Zuccini, Aubergine und junge, sehr bissfeste, Bohnen. Dazu ein Thymianjus, das zu einem harmonischen Aromenspiel beitrug.
Ich wiederhole gerne noch einmal: Es war einer dieser wunderbaren Abende, bei denen gutes Essen zwar eingeplant, die Erwartungen aber weit übertroffen wurden. Rainer-Maria Halbedel führte engagiert und aussagefreudig, zuweilen amüsiert über den fotografierenden Gast, durch den Abend.

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Zum Dessert des Jahres geht es zurück in die Schwarzwaldstube nach Baiersbronn, wo Chef Patissier Pierre Lingelser seine Zuckerperle beisteuerte.

Zuckerperle Kir Imperial,

mit Waldmeister-Champagnerschnee, Rhabarberkompott und Walderdbeersorbet.
Ein Blick ins Innere der Zuckerperle offenbart die einzelnen Komponenten. Erfrischend und mit unverfälschtem Geschmack von Rhabarber und Erdbeeren.

Das war meine kulinarische Rückschau auf das zu Ende gehende Jahr.
Allen Leserinnen und Lesern wünsche ein gutes, erfolgreiches, mit kulinarischen Höhepunkten versehenes Jahr 2013.

Kommentare

Eine Antwort zu “Meine Restaurantbesuche: Mein Menü des Jahres 2012”

  1. kuechenreise sagt:

    Was für ein Menü! Schade, dass sich dieses nicht so an einem Abend geniessen lässt… Gleichfalls ein tolles Jahr 2013!

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