Restaurant Alexander Herrmann (**)

Auf der diesjährigen Veranstaltung „Chefsache“ in Düsseldorf wurde Alexander Herrmann, Restaurant Alexander Herrmann by Tobias Bätz, in der Kategorie „Nationalheld“ als Nummer 1 ausgezeichnet. Keine Ahnung was diese Kategorie bedeutet. Vielleicht der beste Koch Deutschlands? 

Meiner Meinung nach schreit die Kategorie „Nationalheld“ nach Überarbeitung. 

Alexander Herrmann hat aber noch in einer weiteren Kategorie gewonnen bzw. ist Nummer 1 geworden, nämlich in der Kategorie „Lebenswerk“.

Stehe ich der ersten Auszeichnung schon kritisch gegenüber, wird es nun fast komisch. Der 48jährige wird für sein Lebenswerk ausgezeichnet und ich muss bis 67 arbeiten.

Das Restaurant muss ich nicht vorstellen. Erstens habe ich schon einmal darüber berichtet auch wenn Tobias Bätz noch nicht im Namen vorgekommen ist. Zweitens ist der „Fernsehkoch“ Herrmann hinreichend bekannt.

Bei unserem Besuch war Herr Herrmann allerdings im Urlaub, was normalerweise eine funktionierende Küchencrew nicht nachteilig beeinflusst. Auch Herr Bätz war nicht anwesend. Schaun wir mal, ob auch das ohne Folgen blieb.

Das Restaurant ist recht groß, hell und hat eine angenehme Atmosphäre. Man kann sich hier sehr wohl fühlen.

MENÜ

Franken is(s)t scharf 

Die Küchengrüße:

U.a. gab es

 „Fränkischer Schiefertrüffel“. Eine runde Sache.

Unreife Papaya, fränkische Haselnuss, Chiliöl

Ikejime Forelle, „Hollandaise-Elemente“, scharfer Rettich, eingelegte unreife Erdbeeren

Ike Jime ist die Kunst einen Fisch schonend und stressfrei zu schlachten. Dabei bleibt die Qualität des Fleisches erhalten. Das Gericht ist scharf und leicht cremig.

Bayerische Garnele „Ceviche 2.0“, Krustentier-Miso-Mayonnaise, fermentierter Staudensellerie-Gurkensud, Krabbenchips, Kräuter

Es gibt weit mehr als 2000 Garnelenarten. Die vor uns liegende Garnele stammt aus einer Aquakultur von Crusta Nova aus Bayern und schmeckt ausgezeichnet.

Natürlich habe auch ich schon reichlich kritische Stimmen zur Aquakultur gehört. Doch die Befürchtung einer weltweiten Überfischung und der weiterhin zunehmende Wunsch nach regionalen und zugleich hochwertigen Produkten spricht, meiner Meinung nach, für die Aquakultur.

Das Gericht insgesamt schien mir etwas überladen. Weniger ist oftmals mehr. So geriet die Garnele, meiner Meinung nach, etwas ins Hintertreffen.

Luftgetrocknetes, altes Hereford-Rind „Shabu Shabu Style“, Tomaten-Rinderbrühe, gerösteter Spitzkohl, Mais

Shabu Shabu ist ein japanisches Feuertopf-Gericht. In diesem Falle kommt das Rind „„Shabu Shabu Style“ auf den Teller. Das Tier war 8 Jahre alt, das Fleisch wurde gesalzen und luftgetrocknet. Ein interessantes und gutes Gericht. Nicht „Frankie Goes To Hollywood“ hier geht der Franke nach Asien.

Kalte Ente, Rotwein, Sekt und Minze, Eis und Sorbet. Fabelhaft erfrischend.

Hirschrücken in Heu geräuchert, gesalzene Kirsche, Hirschbeuscherl, Rotweinessig-Udonnudeln

Die Raucharomen alleine waren schon gewöhnungsbedürftig, da sie für meinen Geschmack zu deutlich im Vordergrund standen. Die Udonnudeln waren dagegen sehr geschmackvoll und von guter Qualität. 

Dennoch hat sich mir dieses Gericht nicht erschlossen. Anleihen aus Japan machen für sich genommen ein Gericht weder modern, noch zu etwas Besonderem. 

Fusionsküche ist, wenn man von streng regionaler Küche absehen möchte, immer eine gute Idee, gerade deshalb, weil auf den ersten Blick nicht zusammengehörige Kombinationen oftmals eine interessante Vermählung eingehen können.

Die oben beschriebenen Zutaten hätten also durchaus gereicht. Es gab aber noch eine Zutat: Lebercreme mit Cusco Schokolade. Mir persönlich erschien und erscheint dies noch immer verzichtbar. Da man nun aber den „Foodscout“ Jörg Osswald nach Peru reisen ließ um die Schokolade zu ernten, musste natürlich auch ein Platz im Menü gefunden werden. Die Wahl fiel offensichtlich auf den Hirschrücken. Ich hätte sie lieber im Dessert vorgefunden.

Parmesaneis und –stücke (90 Monate gereift), Römersalat-Kaltschale, Sardelle, Bärlauchblüten

Sorbet von „Mieze Schindler“ – Erdbeeren, Fichtennadeln, Schokolade Fichtenspitzen – Sud und Öl, Schokoladen-Kekse mit Fichten-Gel, Schokoladenstreusel

Der Hof der Familie Zehelein-Schemm in der Nähe von Neustadt/Aisch liefert die Erdbeeren. Darunter auch die  Spät-Erdbeere „Mieze Schindler“.

Das Besondere an den Mieze Schindler Erdbeerpflanzen ist ihre Form. Die Erdbeerpflanzen wachsen sehr buschig und die Früchte erinnern sehr stark an eine Walderdbeere. Wohingegen moderne Züchtungen eher groß und länglich sind, ist die Mieze Schindler klein und rund.

Ein sehr gelungenes Dessert.

Natürlich gab es noch die obligatorischen Kleinigkeiten zum Abschluss. Alexander Herrmann ist wohl Star-Wars-Fan. Daher:

Service:

Es kommt nicht oft vor, aber diesmal hatte ich den Eindruck, dass der Service mehr Spaß am Menü hatte als wir. Die Küchencrew servierte teilweise selbst und die jungen Leute waren so begeistert, dass wir lieber schwiegen um die gute Laune nicht zu verderben.

Natürlich war der Service engagiert bei der Sache, auskunftsfreudig, allerdings nicht immer auskunftsfähig. Manche Frage musste unbeantwortet bleiben. 

FAZIT:

Vor fünf Jahren, damals hatte das Restaurant nur einen Michelinstern erringen können, war ich froh, dass meine gesunde Skepsis nicht zu unangemessenen Vorurteilen führte.

Heute ist das Restaurant mit 2 Michelinsternen ausgezeichnet, innovativer, moderner, dem Zeitgeist etwas näher aber nicht unbedingt besser geworden.

Noch immer spielen Gegensätze eine bedeutende Rolle. Darin liegt die Spannung, die Herausforderung. Optisch werden die Kreationen recht gut umgesetzt, Geschmacksnoten werden schön herausgearbeitet, so manch aromatischer Geniestreich ist zu erkennen. Doch nicht immer ziehen sich die Gegensätze an. So sind wir etwas uneins, wie wir das Menü kulinarisch einordnen sollen. Es hilft nichts. Wir müssen nochmal hin.

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