Jan Hartwig ist nun schon seit 2014 Chef de Cuisine im Restaurant Atelier im Hotel Bayerischer Hof in München. Nach seiner Ausbildung im Restaurant Dannenfeld in Braunschweig folgten Stationen bei Christian Jürgens im Restaurant Kastell in Wernberg-Köblitz sowie im GästeHaus Erfort in Saarbrücken. Von 2007 bis 2014 war er im Restaurant „aqua,“ The Ritz-Carlton Wolfsburg, bei Sven Elverfeld.
Mittlerweile ist das Restaurant mit drei Michelinsternen dekoriert worden.
Mit Christian Hümbs, das soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, konnte 2017 einer der besten Pâtissiers Deutschlands für das Atelier gewonnen werden.
Und weil der Mensch ein Mensch ist,
drum braucht er was zu essen, bitte sehr!
Es macht ihn ein Geschwätz nicht satt,
das schafft kein Essen her.
(Berthold Brecht)
Diese Zeilen von Berthold Brecht werden den heutigen Gegebenheiten nicht mehr gerecht. Essen ist weit mehr als bloße Nahrungsaufnahme und das Restaurant Atelier symbolisiert und kokettiert mit Kunst und Kultur. Es wurde vom renommierten, belgischen Kunsthändler Axel Vervoordt mit einem luxuriös-schlichten Design im Stil eines Künstlerateliers entworfen. Die niedrige Decke verleiht den Räumen zudem eine intime Atmosphäre. Hinzu kommen angenehm unaufdringliche Lichtverhältnisse. Alles Voraussetzungen für einen unbeschwerten Abend.
Die Küche startete sehr schwungvoll mit:
Profiterole mit Mimolette und Mokka
Bozner Sauce und Schnittlauch im knusprigen Frühlingsrollenteig
Garnelentarte,
Salzstangerl und Limone
Bayerische Forelle und Saiblingskaviar,
Kräuter, Röstzwiebel und Rauchfumet
Räucheraal,
Gurke, Wassermelone, Shiitake und Sudachisabayone
Unser Menü:
ATELIER SIEBEN
Loch Duart Lachs
Gurke, Macadamia, Sauerrahm, Mango & Dill
Eine der berühmtesten Lachsfarmen in Grossbritannien ist sicherlich Loch Duart. Die Lachse werden nachhaltig erzeugt. Die Käfige sind in der Strömungszone, wodurch die Fische Muskelfleisch entwickeln können und weniger Fett ansetzen.
Das Gericht überzeugt mit angenehmer Aromatik und einem köstlichen Zusammenspiel frischer Noten.
Gebratene Jakobsmuschel
Couscous, grüner Thaicurry, Kokos & Combava
Ein tadelloses Gericht, bei dem die Qualität der Jakobsmuschel Maßstäbe setzt. Der nussige, leicht süßliche Geschmack des weißen Muskels ist großartig und vermählt sich perfekt mit den Zitronennoten.
Das Gericht verzaubert durch sein Aussehen und durch sein grandioses Geschmacksbild.
Felsenrotbarbe
Kalbsherz in Rotbarbenjus glasiert, Greyerzer, Zitrus & Jalapeño
Eine sehr interessante Kombination. Felsenrotbarbe, Kalbsherz und Hartkäse, da muss man erst einmal drauf kommen.
Funktioniert jedoch prächtig.
Schweinebauch à la chinoise
geräucherte Sauce Hollandaise, Eiskraut, Radi & Umamibouillon
Das Rezept finden Sie hier
„Atelier Radler“ (o.Abb.)
Lammrücken vom Gutshof Polting
Ricotta, Tomate, fermentierter Knoblauch & Bohnen
Ein sehr gelungener Fleischgang mit ausgewogener und eindrucksvoller Aromatik und einem tollen Anblick.
Stilton
Kiwi, Portwein & Madagaskar Pfeffer
Trotz zahlreicher Begleiter dominiert das strenge Aroma des Stilton das Gericht vollständig, allerdings auf angenehme Weise.
Wie bei den Kreationen zuvor begleiten uns essbare Blüten.
Der Autodidakt Inaki Aizpitarte aus dem Le Chateaubriand, ein Restaurant an der Avenue Parmentier in Paris, war u.a. früher Landschaftsgärtner. Dort hätten mich die vielen Blüten nicht gewundert.
Bis weit in das 16. Jahrhundert waren Gärten nur als Nutzgärten bekannt. Ästhetische Kriterien konnten erst berücksichtigt werden, als die Produktion von Nahrungsmitteln deutlich gesteigert wurde. Die dekorative Wirkung essbarer Blüten hat mittlerweile einen Siegeszug angetreten, sollte aber nicht im Vordergrund stehen. Manchmal ist weniger wieder etwas mehr. Gerade bei jemandem wie Jan Hartwig, dem Geschmack und das kulinarische Erlebnis so wichtig ist.
Natürlich ist dies meine subjektive Auffassung. Niemand muss sich dies zu eigen machen.
Waldsauerklee,
griechischer Joghurt, gepickelte Preiselbeeren und gesäurtes Brot (o.Abb.)
Romanasalat,
Cerealien, Weizengras & Himbeeren
Christian Hümbs schließt das Menü mit einem grandiosen Dessert ab. Aromatisch fügt es sich nahtlos in die Speisefolge ein.
Bei den Chefdays 2018 hatte ich Gelegenheit, Christian Hümbs zu interviewen. Das Interview veröffentliche ich in Kürze an gleicher Stelle.
Und zu guter Letzt:
„Hollerküchlein“
Macarons
Hibiskus und Milch
Buchweizen und Fenchelpollen
Sonnenblumenkerne und Zitronenverbene
Kastanienblütentartelette
Pralinen
Abschieds(Schaum)kuss
Wein und Service:
2015 Chablis, Domaine Christian Moreau, Chablis, Frankreich
2009 Château Gloria, Henry Martin, St. Julien, Frankreich
Jochen Benz ist ein kommunikativer, freundlicher und sehr kundiger Sommelier. Es macht sehr viel Spass mit ihm zu kommunizieren.
Die Restaurantleiterin Barbara Engelbrecht trat am Vortag ihre neue Stelle als Restaurantleiterin an. Sie kam aus dem Restaurant Dallmayr in München, wo sie ebenfalls als Restaurantleiterin arbeitete.
Nach ihrer Ausbildung zur Hotelfachfrau im Hotel-Restaurant Malerwinkel in Seebruck folgten weitere Stationen, u.a. als Chef de Rang in dem mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnete Victor´s Gourmetrestaurant im Hotel Schloss Berg in Perl.
Barbara Engelbrecht agierte überaus freundlich, erschien mir jedoch auf charmante Weise noch leicht nervös.
FAZIT:
Meiner Meinung nach ist das Atelier das derzeit spannendste und interessanteste Restaurant Deutschlands.
Jan Hartwig entwickelt kulinarische Kreationen mit bekannten Produkten in völlig neuen Geschmackssphären sowie aromatischer und optischer Wucht. Das Ergebnis ist eine zeitgemäße Präsentation der Hochküche, die den erfahrenen Gourmet ebenso anspricht, wie den weniger weit gereisten Gast. Die Kreationen sind nicht verkopft, sondern sprechen die Sinne der Gäste direkt an. Das Produkt steht im Vordergrund und besticht durch hervorragende Qualität.
Hinzu kommen äußerst ansprechend gestaltete Kreationen, die einem schon beim Anblick Freude bereiten.
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