Am Berliner Kurfürstendamm gab es eine interessante Eröffnung eines Restaurants mit einem, meiner Meinung nach, ungewöhnlichen Konzept. Das Restaurant SAVU. Die Ausrichtung auf Skandinavien, Spanien und Italien scheint mir so verwegen, dass es eines außergewöhnlichen Küchenchefes bedarf, dies so in Szene zu setzen, dass es spannend und nicht etwa komisch wirkt.
Tatsächlich kann ich mir keinen anderen Koch vorstellen als Sauli Kemppainen, der eine so gewagte kulinarische Fusion gestalten könnte. Viel zu gegensätzlich erscheinen mir Norden und Süden, während die Koch- und Essgewohnheiten des Mittelmeerraumes viele Gemeinsamkeiten haben. Oliven und Olivenöl, frische Kräuter und frisches Gemüse, Geselligkeit und die Freude an gutem Wein treffen auf Rentierfleisch, Moltebeeren, Stockfische und geräucherten Schafskopf und ja, Lachs.
Auf Sauli Kemppainen werde ich nach einem weiteren Besuch näher eingehen. Der Wunsch, das Restaurant zu besuchen, ist der Tatsache zu verdanken, dass mit Vedad Hadziabdic ein, gerade in Berlin, bekannter Sommelier und Gastgeber zurückkehrt, der nun das Wagnis der Selbstständigkeit auf sich genommen hat.
Der gebürtige Bosnier blickt auf eine interessante Karriere in der Spitzengastronomie zurück. U.a. war er Chef de Rang in Johann Lafers Stromburg und arbeitete als Maître im Restaurant Aqua, im The Ritz-Carlton Wolfsburg. In der Quadriga im Brandenburger Hof in Berlin traf er auf Sauli Kemppainen und im Les Solistes by Pierre Gagnaire im Waldorf Astoria, Berlin, war er ein stets freundlicher und professioneller Gastgeber und enorm kundiger Sommelier.
Er hat die unglaubliche Begabung seine Gäste zu „lesen“ und ihnen punktgenau Weine zu offerieren. Weine, die nicht nur zum Essen, die vor allen Dingen zum Esser passen. Das ist die große Kunst.
Das Restaurant liegt unweit des Adenauerplatzes und in unmittelbarer Nähe vieler Anbieter im Luxussegment wie Louis Vuitton, Gucci oder Burberry, um nur einige zu nennen. So manch neugieriger Kunde, Tourist oder Spaziergänger wird beim Vorübergehen vielleicht mal einen Blick ins Innere des Restaurants wagen. Dabei wird ihnen der große Eichenholztisch in der Mitte des Restaurants nicht verborgen bleiben. Genau dort können spontan eintreffende Gäste gerne ein Gläschen Wein oder ein Menü zu sich nehmen, ohne vorher reservieren zu müssen.
Das Restaurant ist hell, großzügig eingerichtet, große Fenster gestatten den Blick nach draußen wie nach drinnen. Eine Wand, teilweise mit Moos verkleidet, sorgt für das nordische Flair.
Nun zu unserer Menüwahl.
Amuse-Gueule:
Hähnchenbrust, Preiselbeeren, geröstete Zwiebeln.
FINNISCHES GEWÜRZBROT, DILLSAMEN-„FOCACCIA“, ZWIEBELSAMEN-KNÄCKEBROT, LACHSPASTETE, RINDERSCHMALZ UND BRANDENBURGER BUTTER
VEGGIE-TRIANGEL NO. 1
TARTELETTE MIT KNOLLENSELLERIE, KNUSPRIGES TOMATEN-GETREIDE, SELLERIEFLAN, STANGENSELLERIE, CONSOMMÉ VON GERÄUCHERTER KNOLLENSELLERIESCHALE, CONFITTOMATEN, GARTENGURKEN UND GURKENBLÜTE
Sellerie hatte seinen ersten Auftritt in der Hausapotheke. Die Knolle wirkt so ziemlich gegen alles. Das wusste man schon vor langer, langer Zeit. Danach wurde der Sellerie bei uns zum Suppengemüse degradiert. Kemppainen bereitet das Gemüse auf abwechslungsreiche und kreative Weise zu.
Bei einem ersten Eindruck bleibt das Gericht geschmacklich etwas eindimensional. Das fordert aber auch geradezu heraus genauer hinzuschmecken. Die verschiedenen Texturen werden bedeutsamer als sonst vielleicht üblich. Am Ende ist man versöhnt, aber noch nicht glücklich.
SAVU ROLLS
NORDIC:
ROTE-BETE-GERSTE, CREME UND ROGEN VON KLEINER MARÄNE, GELBE BETE, ROTE-BETE-KRESSE UND GERÄUCHERTE MAYONNAISE
SPAIN:
SUSHIREIS AUS LA MANCHA (TARRAGONA, SPANIEN), PULPO BRANDADE, IBERICO UND JEREZ-PULPO-ESSIG
ITALY:
SUSHIREIS AUS ALBONESE (PAVIA, ITALIEN), DORADENTARTAR UND DAIKON, RUCOLA, RUCOLAKRESSE UND RUCOLAESSIG
Eine sehr interessante Kreation. Die drei, mehr oder weniger gegensätzlichen Einflussgebiete der Küche Kemppainens sollen hier fusionieren. Der erste Eindruck weist in Richtung Sushi. Das ist natürlich schon etwas gewagt. Skandinavien, Spanien und Italien vereinen sich im Sushilook. Jetzt kennen wir ja „Rolls“ in mannigfaltiger Ausführung. Der Eindruck Sushi essen zu müssen oder dürfen, wird durch die gereichten Essstäbchen noch verstärkt.
Beginnend von rechts haben wir die italienische Variante mit einem schmackhaften Essigdip.
In der Mitte wartet Reis aus Tarragona auf uns, veredelt mit einem Pulpopüree.
Der Nordic-Roll hat mir am besten gefallen. Rote und Gelbe Bete, eingetaucht in eine geräucherte Mayonnaise. Das hat schon was.
LACHS
NORWEGISCHES FILET, EIGENER ROGEN, KNUSPRIGE HAUT, GAZPACHOPÜREE, BIRKENWASSER-KERBELJUS, KERBELKRESSE, PAPRIKABLÜTE ROT-GRÜN-GELB
RISOTTO (o.Abb.)
ARROZ BOMBA AUS DEM EBRODELTA (SPANIEN), VEGETARISCHE BOUILLON, 36 MONATE ALTER PARMESAN, 45-SEK.-WACHTELEI, PISTAZIEN, SCHWARZER TRÜFFEL, TRÜFFELPASTE À LA MASSIMO FERRADINO
LAMM AUS POLTING
NUSS UND ZUNGE, PIQUILLO-PAPRIKA, KNOBLAUCHKARTOFFELN, KARTOFFELCREME, AUBOCASSA-OLIVENÖL, JUS VON GERÄUCHERTEM LAMM, ESTRAGON UND ESTRAGONKRESSE
Hervorragend.
ZANDER
FILET MIT AUBOCASSA-OLIVENÖL UND SCHWARZEN OLIVEN, KAROTTENSTAMPF, KAROTTENGRÜN, IN NUSSBUTTER GESCHMORTE KNOBLAUCHZEHE, KAROTTE GEKOCHT IN KAROTTENSAFT, WILDKAROTTENBLÜTE
Der Zander war kräftig gegart und wurde von Karotten in unterschiedlichen Texturen begleitet. Nun ist die nordische Küche ja eher bodenständig. Viel Tamtam wird beim Anrichten der Teller nicht gemacht. Vielleicht muss man hier noch etwas nachsteuern.
SCHOKOLADE
SCHOKOLADENMOUSSE, IVORY-EIS, RÖST-PINIENKERNE, SCHOKOLADEN-MINZE
Abgesehen davon, dass das Dessert sehr schmackhaft war, fand ich den Einfall mit der Berliner Mauer wirklich gelungen.
Wein und Service:
2016, Wertheimer Alter Satz
Benas, D.O.C. Cantinadella Vernaccia
2016, Langhe Favorita, Cascina Chicco
2015, Lagone, Aia Vecchia, Toscana
2016, Wehlener Sonnenuhr, Kabinett, Joh. Jos. Prüm
Die Weine waren klug ausgewählt und dass Vedad Hadziabdic ein profundes Wissen über italienische Weine hat, ist ja nun längst kein Geheimnis mehr. Doch auch weit über Italien hinaus, kann man sich auf seine Kenntnisse verlassen.
Der Service ist, wie kann es auch anders sein, freundlich, zuvorkommend und professionell.
FAZIT:
Nach einem ersten Besuch im SAVU und nur wenige Tage nach der Eröffnung, fällt das Fazit natürlich noch etwas vorsichtig aus. Die Küchenausrichting scheint auf den ersten Blick gewagt, lässt jedoch auf eine spannende Zukunft blicken.
Wenn wir Küche und Service getrennt betrachten, darf die Küche gerne noch etwas aufholen, auch wenn der Anfang schon recht gelungen war.
Die SAVU-Rolls könnten, meiner Meinung nach, durchaus zu einem festen Bestandteil der Karte und beliebig variiert werden. Wenn man denn will.
Ob das Restaurant zu einem neuen Hotspot am Kudamm wird, wird die Zukunft zeigen. Dies wäre den Betreibern zu wünschen (und ein bisschen auch mir, denn ich hätte nur einen kurzen Weg).
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