Schlossberg (**)

1853

Wir haben Wirsberg verlassen und nähern uns nun Baiersbronn-Schwarzenberg.
Ziel ist das Hotel Sackmann mit dem Gourmetrestaurant Schlossberg.
Jörg Sackmann ist Küchenchef im, wie soll man es ausdrücken, dritten Sternerestaurant in Baiersbronn? Nein, er ist Küchenchef eines Sternerestaurants in Baisersbronn.

1849

Die letzte Ausgabe des Restaurantführers Michelin bescherte ihm nach langen Jahren endlich den zweiten Stern. Diesen Stern hat er, meiner Meinung nach, längst verdient. Bereits 2005, den Besuch habe ich noch immer als ausgesprochen interessanten Abend in Erinnerung, wäre diese besondere Auszeichnung keine Überrasschung gewesen.
Doch die Inspektoren des Michelin, ja so werden sie genannt, lernen scheinbar langsam, aber sie lernen.

Der Gault&Millau Deutschland 2014 vergibt 17 Punkte für das Restaurant.
Das war schon einmal besser.

Jörg Sackmann, der bei seinem Kollegen Harald Wohlfahrt ausgebildet wurde, wechselte 1982 ins Restaurant Maître in Berlin und 1984 nach Baden-Baden zum Brenners Parkhotel. Nach weiteren Stationen zog es ihn zurück nach Baiersbronn, zurück zum Familienbetrieb. Dort eröffnete er 1993 das Gourmetrestaurant Schlossberg.
Seit einigen Jahren zählt er zum Kochteam der ARD-Sendung ARD-Buffet.

Der Empfang im Restaurant ist professionell. Wir entscheiden uns an diesem Abend für die „Kulinarische Entdeckungsreise“, serviert in Amuse-Bouches-Gängen, stellen jedoch etwas die Menüfolge um.

Der Start ist äußerst zäh. Über eine halbe Stunde warten wir auf den Auftakt. Dieser gelingt schließlich mit einem Tofu mit Umeboshi, Skrei, Sojacrunch und einer Schalotten-Emulsion.
Umeboshi sind in Salz und roten Shiso-Blättern eingelegte Früchte. Eigentlich japanische „Ume“-Früchte, die auch schon mal als Pflaumen bezeichnet werden.

Danach folgt Gänseleber mit Bittermandeln, Gewürzbrot und Zwetschge.
Auch dies aromatisch sehr gelungen.

Kalbsbries

Kalbsbries, Artischocke, Lakritze
Eine Kreation, wie man sie bei Sackmann erwartet. Klare Aromen, hohe Qualität.

Zu den Speisen wählen wir einen 2009er Grauer Burgunder „SJ“, trocken, Weingut Karl Heinz Johner, Kaiserstuhl.

Bete

Geschmorte Bete mit Gewürzflammkuchen, Ziegenfrischkäse,
Roggenstreusel und Kappuzinerkraut

Optisch eine gelungene Präsentation. Gustatorisch eher ohne Nachhall.
Die Bete schmeckt, wie Bete eben schmeckt. Die restlichen Komponenten sind ebenso deutlich wahrnehmbar. Der Zauber des Gerichtes offenbart sich mir nicht. Viel natürlicher Geschmack, wenig Kochkunst.
Aber vielleicht ist gerade dies beabsichtigt. Geschmacklich unverfälschte Produkte.

Blaue Garnele

Blaue Garnele mit Wasabi
Estragonöl, Erbsenschoten, Kohlrabi, Wasabiperlen

Die Wasabiperlen geben dem Gericht die entscheidende Schärfe ohne jedoch dominierend einzugreifen. Das Stielgemüse zur Garnele ist ein guter Einfall. Die noch spürbare Süße passt zur gelungenen Kreation.

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Kabeljau mit Kutteln,
Trüffel, Pastinaken, Nuss-Butter-Sponge

Eine sehr schöne Kombination und für mich eine Premiere, meine ersten Kutteln.
Die Aromen sind fein strukturiert herausgearbeitet.

Fast hat man es vergessen. Das süß-würzige Wurzelgemüse Pastinak war einmal ein Grundnahrungsmittel in deutschen Landen. Schön, dass man sich in der Hochküche wieder daran erinnert. Die Zutat Nuss-Butter-Sponge bereichert geschmacklich wie texturell und gibt einen deutlichen Fingerzeug darauf, dass im Hause Sackmann die Ideen scheinbar nie ausgehen.

Steinbutt

Steinbutt, kross gebraten,
Miso-Saikyo-Creme, Papaya, Mais

Das Foto zeigt die scheinbar willkürlich auf dem Teller verteilten Komponenten dieses Gerichtes. Auch geschmacklich bin ich davon nicht überzeugt. Zwar erkennt man die einzelnen Aromen recht gut, doch fehlt mir ein verbindendes Element. Die japanische Würzpaste ist mild und kann dem krossen Fisch nicht beistehen.

Rehrücken

Rehrücken in Bourbon Vanille gebeizt,
Sanddornbeere, Spitzkohl-Yoghurt, Cashewkerne

Mit dem Rehrücken zeigt die Küche wieder ihre Kreativität und ein herausgehobenes Aromenspiel. Hier vereinen sich die einzelnen Produkte zu einem großartigen Ganzen.

Beerensalat

Der Beerensalat wird auf schwarzem Untergrund angerichtet und wirkt gerade deshalb optisch ansprechend.
Schwarze Pfefferstreusel, Buttermilch-Oliven-Sorbet und Balsamessig-Baiser sind schmackhaft und leicht.

Schokolade

Schokolade Caraibe
Sorbet von gerösteten Bananen, Sesam, Feuillatine, Yuzu

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Mirabellen mit Zitronengras
Johannisbeertörtchen, Mirabellenparfait, Gewürzstäbchen

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Ein tolles Finale.

Service:

Der Service hat uns an diesem Abend nicht überzeugt. Da wurde uns in der Vergangenheit Besseres geboten. Gerade zu Beginn gibt es überlange Wartezeiten und ruhig und zurückhaltend vorgetragene Kritik mündet in überflüssigen langen Diskussionen.

FAZIT:

Die Kreativität und Ideenvielfalt der Küchencrew scheint ungebrochen. Auch an Gästen herrscht kein Mangel. Jörg Sackmann zeigt nach wie vor sehr viel Engegagement, sowohl im Hotel, den Restaurants, bei Fernsehauftritten und doch sieht man ihn schon beim Frückstück nach dem Rechten schauen.
Mit viel Einsatz und Eigenständigkeit behauptet er seinen Platz in Baiersbronn. Der Schatten der großen Kollegen Wohlfahrt und Lumpp verdunkelt Schwarzenberg nicht.

Zwei schwächere Eindrücke in einem so großen Menü sind durchaus verzeihlich.
Wer bei den angekündigten Amuse-Bouches-Gängen ängstlich nach Brot und Brötchen Ausschau hält dem sei gesagt, die Portionen sind großzügig bemessen. Hier können die Fotos zur Beruhigung beitragen.

Hotel und Restaurant erreichen Sie mit diesem Link.

Kommentare

2 Antworten zu “Schlossberg (**)”

  1. Andree sagt:

    Der Bericht klingt nach gutem Essen. Jedoch entsteht der Eindruck bei mir, als wäre ihr Herz nicht erwärmt worden. Ist das richtig?

  2. B. Steinmann sagt:

    Sie sehen das vollkommen richtig.
    Das Essen war insgesamt sehr gut. Einige Kritikpunkte habe ich benannt. Das wars dann aber auch schon.

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