Es hat uns wieder einmal nach Rheinland-Pfalz verschlagen. Genau genommen in das größte geschlossene Weinbaugebiet für Rotweine in Deutschland, das Weinbaugebiet Ahr. Die derzeitige Weinkönigin kommt aus dieser Region und in Bad Neuenahr-Ahrweiler, finden wir im Ortsbezirk Heppingen einen der besten Köche Deutschlands, Hans Stefan Steinheuer. Ausgezeichnet mit zwei Sternen des Restaurantführers Michelin und 19 Punkten von Gault & Millau Deutschland 2013.
Damit gehört Steinheuer tatsächlich zu den Großen im Lande. Seit 1998 strahlen die zwei Sterne über dem Restaurant. Natürlich soll nicht unerwähnt bleiben, dass der Küchenchef u.a. Sous Chef bei Dieter Müller in den legendären Schweizer Stuben in Wertheim-Bettingen war. Die Zahl der Spitzenköche, die nach einen Engagement in Wertheim erfolgreiche Küchenchefs wurden ist, wenn auch nicht Legion, so doch beachtlich.
Regionale Zutaten scheinen bei Steinheuer einen hohen Stellenwert zu genießen, doch ebenso deutlich wird, dass in erster Linie der Blick auf die Qualität gerichtet ist. So soll es auch sein. Natürlich dürfen auch weitgereiste Zutaten nicht fehlen.
Der Empfang war freundlich und den Erwartungen entsprechend, das Ambiente elegant und die Sitzmöbel bequem. Für familiären Charakter und Freundlichkeit sorgte Gabriele Steinheuer, die einen leisen und zurückhaltenden Stil pflegt, ganz so, wie auch der Rest der an diesem Abend kleinen Servicecrew.
Ein Rieslingsekt von Meyer-Näkel, „Illusion“ aus dem Jahr 2010, begleitete die ersten Grüße aus der Küche.
Karamellisierte Perlzwiebeln mit Anchovis,
Lachsforellen-Bonbon mit Süßholz-Mayonaise,
Anis-Focaccia-Blatt mit Lardo (links) und Carne Crudo Cornet mit Tomate und Basilikumcreme (rechts).
Es folgte:
Skrei mit Zunge, Backe, Senfkohl und Basmatireis.
Der Hochseebewohner kam also heute mit seinem norwegischen Namen daher. Wir kennen ihn auch als Kabeljau oder, wenn noch nicht geschlechtsreif (oder aus der Ostsee), auch als Dorsch.
Eine überraschende, interessante und einfallsreiche Präsentation des Kabeljaus. Ein perfekter Garpunkt und eine geschmackliche Harmonie zeichneten das Dargebotene aus.
Gänseleberschnitte mit Alto el Sol – Schokoladenknusper und Rubinette.
Die Plantage Alto el Sol liegt in Peru und die Kakaobäume gehören zur Gattung Criollo Amazonian. Gleichwohl bin ich bei der Kombination Gänseleber und Schokolade eher skeptisch. Die Umhüllung war dünn und fest, nicht dominierend, die ausgezeichnete Gänseleber gab den Ton an und zerstreute meine anfänglichen Bedenken.
Eine Gänseleberkugel mit einem dünnen Überzug aus Kirschengelee auf Schokoladenstaub, ergänzte angenehm. Feinsäuerliche Noten fügte die Rubinette bei. Dieser kleine Apfel ist eine Kreuzung aus Golden Delicious und wahrscheinlich Cox Orange und ist seit den 1980er Jahren im Handel.
Insgesamt eine grandiose Präsentation.
Krustentiere im Yuzu-Machateegelée.
Bar jeder Speisekartenlyrik die Annoncierung dieses Ganges.
Was hätte man alles ankündigen können. Lassen Sie einfach das Foto auf sich wirken und wir beschränken uns auf die gustatorischen Eindrücke.
Yuzu, ausgestattet mit einem komplexeren Aromenbild, als die sonst bei uns üblichen Zitronen, ist mittlerweile aus deutschen Spitzenrestaurants nicht mehr wegzudenken.
Ein feiner Sud, dezente Säure, zarte Würze und erstklassige Produkte ergaben ein nahezu perfektes Geschmacksbild, eine herrlich stimmige Inszenierung.
Seezunge mit grünem Spargel, Cashewcrème und rotem Kampotpfeffer.
Waren wir für die Schokolade in Peru, wandern wir nun in die Pfefferregion Kampot nach Kambodscha. Dort gedeit in feuchtwarem Klima und auf nährstoffreichem Boden ein erstklassiger Pfeffer. Der würzige und fruchtige Pfeffer begleitete eine perfekt gegarte Seezunge, angerichtet mit grünem Spargel. Ein starker klassischer Gang, harmonisch im Geschmack.
Landei im Glas mit Kartoffelschaum Sot l’y laisse und Périgordtrüffel.
Sot l’y laisse kennen die Leser/innen meines Blogs bereits. Auf dem Foto werden die verschiedenen Schichten deutlich. Das Ei scheint derzeit in der Spitzengastronomie unverzichtbar. Mit Spinat, Kartoffelschaum und gehobeltem Trüffel veredelt, reihte sich dieser Gang mühelos in die bisherigen großartigen Kombinationen ein.
Poltinger Lammrücken mit geschmorter Schulter, Bramata, jungen Artischocken und Knoblauch.
Poltinger Lamm kommt aus Niederbayern und zeichnet sich durch besonders zartes Fleisch und dezenten Lammgeschmack aus. Besonders gelungen empfand ich die geschmorte Schulter. Ergänzt von dankenswerterweise dezentem Koblauch, Maisgries und Wachtelbohnen.
Für sich genommen, ein guter Hauptgang, handwerklich tadellos, jedoch nicht ganz so bemerkenswert wie die bisherigen Speisen.
Pré-Dessert: Cocktail von Blutorange, Zitronenverveine und Kandis.
Eine erfrischende Einstimmung auf das folgende Dessert.
Gefüllte Goldkugel mit Joghurt, Honig und Müsli.
Also mal wieder eine Dessertkugel. Diese Art der Präsentation erleben wir nicht zum ersten Mal, hat sie doch anscheinend einen beachtlichen Siegeszug durch die Spitzengastronomie angetreten. Allerdings freue ich mich immer wie ein Kind auf diese Dinger.
Die Goldkugel wurde mit „Cerealien“ gefüllt, also Müsli, mit Joghurt und Honig und von weißer Schokolade umhüllt. Cerealien weisen auf die römische Göttin Ceres hin, Göttin für Ackerbau. Eine fruchtig-säuerliche Note fügte die Himbeere hinzu, was dem reichlich bemessenen und durchaus sättigendem Dessert einen leichten Kontrapunkt entgegensetzte.
Zum Abschluss: Passionsfrucht, Kokos, Karamell.
Weinbegleitung:
PX, Pedro Ximinez, Ximénez-Spinola, Xerez/Spanien
2012 Alvarinho, Soalheiro, Minho/Portugal
2007 Spiegel, Grüner Veltliner, Weingut Fred Loimer, Kamptal/Österreich
2007 Riesling Reserve, Weingut Trimbach, Elsaß/Frankreich
1996 Château Castera, Cru Bourgeois, Medoc/Frankreich
Sommelier Sebastian Bordthäuser sorgte für eine stimmige Weinbegleitung. Ihm kann man sich bedenkenlos anvertrauen. Anhänger des Preis- Leistungsverhältnisses werden hier nicht enttäuscht.
Servive:
Zum aufmerksamen und zurückhaltenden Service habe ich bereits zu Beginn einiges gesagt.
FAZIT:
Vielseitig, interessant, einen eigenen Stil prägend, präsentiert Steinheuer dem Gast eine klassisch ausgerichtete, moderne Einflüsse nutzende, nicht nach Effekten heischende, erstklassige und professionelle Küchenleistung.
Bei einem Abend in Steinheuers Restaurant lässt man schnell den Alltag hinter sich. Unverkrampft und entspannt kann man die Stunden bei Tisch genießen.
Zur Homepage des Restaurants gelangen Sie hier: http://www.steinheuers.de
Hallo Herr Steinmann,
Wir waren im September bei Steinheuer und haben ebenfalls einen interessanten Abend erlebt.
Gruß
W. Albrecht