Restaurant Kastell (**) – Teil I

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Gourmet-unterwegs impliziert natürlich eine rege Reisetätigkeit. Nach vier interessanten und kulinarisch teilweise eindrucksvollen Erlebnissen in der Metropolregion Île-de-France verlassen wir diese und finden uns in der nächsten Metropolregion wieder. Wernberg-Köblitz, das Ziel unserer Reise befindet sich in der Metropolregion Nürnberg. Diesen aus der Raumordnung stammende Begriff machte sich die Ministerkonferenz für Raumplanung zu eigen und definierte mittlerweile elf deutsche Regionen als Metropolregionen. Auch die EU-Mitgliedstaaten durften hier selbstverständlich nicht zurückstehen und definierten ihrerseits nach bestimmten Kriterien fleißig mit. Dabei geht es weniger um administrative Grenzen, vielmehr stehen Wirtschaftsverflechtungen im Vordergrund. Multifunktionale Räume, die weit über die eigenen Gebiete hinausreichen sollen. Mehr als zwei Drittel der Einwohner Deutschlands leben in solchen Regionen.

Zurück zu Wernberg-Köblitz. In der Burg Wernberg finden wir nicht nur ein interessantes und schönes Hotel, sondern auch das Restaurant Kastell mit Küchenchef Thomas Kellermann. Ende 2011 wurde seine kreative Küche mit zwei Michelinsternen ausgezeichnet. Kellermann, der seit 2008 im Restaurant die Richtung vorgibt, ist Nachfolger von Christian Jürgens, den es an den Tegernsee gezogen hat.
Davor arbeitete er u. a. bei so bekannten Köchen wie Lothar Eiermann und
Hans Haas.

Hotel und Restaurant wurden von der Unternehmerfamilie Conrad gepachtet und ausgebaut.
Das Restaurant ist in weiß gehalten, bietet ausreichend große Tische und bequeme Sessel. Von zwei angebotenen Menüs soll das „Menü Kellermann“ zuerst kritisch betrachtet werden. Das Degustationsmenü wird im Anschluss behandelt.
Unterschiedliche Menüs auszuwählen und damit noch mehr Erkenntnisse zu erhalten und Ihnen zu vermitteln, nahm ich als willkommene Gelegenheit gerne wahr.

Die Amuse bouches, auf die ich immer besonders neugierig bin, waren von hoher Qualität und kreativem Einfallsreichtum.

I AB I Heilbutt

Heilbutt, Gewürztomate, Meloneneis, Essig.
Ein erfrischender Auftakt, schöne Säurenoten.

I AB II

Mixed-Pickles mit Panchetta, karamellisiertem Kümmel und einem leichten Essigespuma.

I AB III

Rillette vom Ferkel mit Jakobsmuschel, Grapefruit und Estragon.
Rillette ist ein cremiger und faseriger französischer Botaufstrich, der grundsätzlich aus Schwein, Gans oder Ente hergestellt wird. Das Fleisch wird gemahlen oder klein zerhackt und gewürzt. Danach wird es lange gekocht, bis es schließlich streichfähig geworden ist.

Die „Kleinigkeiten“ hatten tatsächlich soviel Potential, dass es mich nicht wundern würde, wenn sie eines Tages weiter entwickelt und in einem regulären Gang aufzufinden wären.

I Seewolf

Seewolf
mit Spargel-Bananen-Marinade und Auster.

Wie man auf dem Foto erkennen kann, zauberte die tiefstehende Sonne bereits Schatten auf den Tisch und sorgte so für eine wohlige Atmosphäre.

Der Seewolf war gut gegart. Die cremige und dezent süße Bananenmarinade bildete mit den Aromen der Auster einen interessanten Kontrast.

I Langostino

Langostino
mit Gazpacho, Szechuan-Gurke und Erdbeere.

Die Schärfe der Gurke wurde durch die Erdbeeren angenehm reduziert.
Das Temperaturspiel, von lauwarm bis kalt und das feste Fleisch der Langustinos ergaben herrliche  geschmackliche Eindrücke. Eine gekonnte Interpretation eines klassischen Langostinogerichtes.

I Saint Pierre

Saint Pierre
mit Navetten, Senfsaucen und süßer schwarzer Olive.

Das an Radieschen oder rohen Kohl erinnernde Wurzelgemüse harmonierte mit dem ausgezeichneten Fisch. Guter Garpunkt, festes Fleisch, scharf, süß. Konkurrierende Geschmacksvarianten münden in einem harmonischen Zusammenspiel.

Das auffallende an den Kreationen Kellermanns ist eben dieses harmonische Zusammenspiel der Produkte die er mit Bedacht wählt und vortrefflich präsentiert. Die nicht überladenen Teller kommen ohne ein Gegeneinander unterschiedlicher Eindrücke aus, sondern offenbaren vielmehr Koalitionen von Aromen, Texturen und Akkorden.

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Chili con Carne mit Sauerrahm.

Chili con Carne wird irrtümlicher Weise der mexikanischen Küche zugeschrieben. Verwunderlich ist es nicht, jedoch liegt sein Ursprung im Süden der Vereinigten Staaten von Amerika. Genau lässt es sich jedoch nicht zuordnen, da verschiedene Bundesstaaten die Urheberschaft für sich reklamieren.

Das zarte Rinderfilet war von gewohnt guter Qualität. Die Schärfe des Gerichts wurde durch den Sauerrahm aufgefangen, abgemildert und so in eine wunderbare Balance gebracht.
Tex-Mex-Küche auf Sterneniveau.

I Medaillon vom Reh

Medaillon vom Reh
mit Roter Bete, Kirsche und Schokolade mit hohem Kakaoanteil.

Können wir farblich ein eher langweiliges Einerlei konstatieren, war es geschmacklich ein wahrer Hochgenuss.
Das Fleisch war wunderbar zart. Rote Bete, kombiniert mit fruchtiger Kirsche und dunkler Schokolade fügten sich außerordentlich gut zusammen. Das beste Rehgericht der letzten Jahre.

I Rhabarber

Das Dessert:
Rhabarber mit Topfensouffle, Rosmarin und Ingwereis,
dazu Himbeere und Kirschschaum.

Ein erfrischender und gelungener Abschluss eines beindruckenden Menüs. Ausgestattet mit leichter Säure, fruchtig, etwas Zucker, ein Miteinander der Temperaturen, leicht, fast luftig. Kischschaum und ein Rhabarberchip zeigten, dass auch die Pattisserie auf der Höhe der Zeit arbeitet.

Das gesamte Menü war kein aufregender Parforceritt sondern ein spielend leichtes Vergnügen auf hohem Niveau. Es sind eher die leisen Töne, die bei Kellermann erstaunlich lange nachhallen.

Sommelier Frank Hildebrand nahm seine Aufgaben freundlich, zurückhaltend und kompetent wahr.
Wir entschieden uns zunächst für eine Flasche 2009er Iphöfer Julius-Echter-Berg, Silvaner GG.

Ein 2006er Laurona Montsant begleitete das Reh. Mit vollem Körper und üppigem Duft, gepaart mit zarten Tabaknoten und Pflaume, eine gute Wahl.

                                                                                                                     Fortsetzung folgt…

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