Restaurant Alexander Herrmann (*)

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Sterneköche gibt es eigentlich nicht. Sie, liebe Leserinnen und Leser, wissen das natürlich. Die Sterne des Guide Rouge werden an Restaurants vergeben, nicht an Köche.
Fernsehköche jedoch, die gibt es.
Und denke ich an Fernsehköche, dann setzt bei mir Skepsis ein.
Ich stelle mir dann vor, dass der Gast im Restaurant sitzt, den Küchenchef vermisst, während dieser im Fernsehen ein schmackhaftes Gericht zubereitet. „Ich hab da schon was vorbereitet“.
Oder, noch viel schlimmer, sie begleiten Amateure bei der Zubereitung überladener Teller zur Belustigung des Publikums. So jedenfalls denke ich darüber.

Doch kritisches Zweifeln ist kein Selbstzweck. Man sollte Dinge hinterfragen und Vorurteile ausräumen. Darum führt unser Weg von Berlin nach Baisersbronn zunächst über Wirsberg. Hin zu Alexander Herrmann, bekannt aus zahlreichen Kochshows.
Ohne zuviel zu verraten darf ich jetzt schon sagen, es hat sich gelohnt.

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Herrmanns Restaurant ist mit einem Michelinstern ausgezeichnet. Gault&Millau Deutschland vergibt für dieses Jahr 17 Punkte.

Der Empfang ist freundlich, schnell nehmen wir unsere Plätze ein.

Schiefertrüffel

Von den obligatorischen Küchengrüßen ist mir besonders das
Potpourri vom Fränkischen Schiefertrüffel in Erinnerung geblieben.

Eine ungewöhnliche, sehr gelungene, Präsentation.
Der Speisepilz gehört nicht zur Gattung Tuber und wächst vorzugsweise unter verwittertem Schiefer. Er ist im Geschmack walnussähnlich und äußerst rar.
Der Chip (im Bild oben) hat einen intensiven Pilzgeschmack, während die Minihörnchen Fisch- und Pilzaromen vermitteln.
Neutralisierend, säuerlich-süß, wirkt die Essenz (Bildmitte).

Wir wählen das Menü „Kontrast“. Mit „Gegensätzen, die sich anziehen“ möchte Alexander Herrmann Spannung erzeugen.

An diesem Abend habe ich reichlich Fotos machen können, die nicht alle Eingang in diesen Bericht finden. Schauen Sie deshalb doch von Zeit zu Zeit einfach mal auf meiner Facebookseite vorbei.

Gegart & Roh

Gegart & Roh

Mit gelierter Wildconsommé mariniertes Damhirschcarpaccio,
dazu karamellisiertes Getreide, Geschmortes vom Damhirsch mit Pilzen und Kräutern

Das „gesmokte“ Herz wird kalt als Ragout serviert und schließlich mit
Frankfurter grüner Soße angegossen.

Süß & Sauer

Süß & Sauer

Carabiniero – rote Wildgarnele „Ceviche-Style“,
gerösteter Pfirsich, Erbsentriebe

Die Wildgarnele wird also in Limettensaft mariniert. So kommen wir zum sogenannten „Ceviche-Style“. Die Garnele ist nicht gekocht, aber auch nicht mehr roh. Wärme, aber auch Säure von Zitrusfrüchten bewirken einen chemischen Prozess. Man nennt dies Denaturierung. Das Fleisch wird fest und undurchsichtig.

Das Gericht bezieht sein einzigartiges Aroma durch die Süße der Erbsen, kontrastierend mit dem kross gerösteten Pfirsich. Ein toller Einfall.

Land & Wasser

Land & Wasser

Iberico Schweine- „Rippla“, junge Feldsalate,
Joghurt, Holzkohleöl, gebratene Jakobsmuschel

Das Holzkohleöl dominiert diesen Gang, der schwer zu beschreiben ist.
Einerseits ist das Öl intensiv im Geschmack, auffallend. Andererseits jedoch im Zusammenspiel aller Komponenten wiederum eher dezent und nicht überlagernd.

Wie alle eingesetzten Produkte ist auch die Jakobsmuschel von besonderer Qualität.

Sonnengelb

Sonnengelb

Unser Vergnügen am Menü dieses Abends scheint sich auch auf die Küche übertragen zu haben. Diese beglückt uns mit einem Gericht aus dem Menü „OFF“.

Große Cous-Cous-Perlen, Safranvinaigrette,
geröstete Aprikosen, Curry-Macadamianüsse, Orangengel

Ein Aromenbild mit leichter Schärfe. So macht vegetarische Küche Spaß.

Falsche Auster

Falsche Auster

Austernblatt, Champagnergelee, Sorbet von der Cherrytomate,
Pumpernickelstreusel.

Heimisch & Exotisch

Heimisch & Exotisch

Acht Jahre altes Herford Rind nach Teppanyaki-Art gegrillt,
in Tranchen geschnitten und glasiert,
dazu „Junges Kraut“ – Spitzkohl, Blaukraut, Wirsing.

Teppanyaki ist für das sogenannte „Frontcooking“ ideal. Nach reichlicher Vorbereitung werden die Zutaten zum Erstaunen des Publikums mittels teilweise virtuoser Technik, vor allem von japanischen Köchen, gegart.
Es gibt auch Quellen die die Erfindung dieser „Kochplattentechnik“ spanischen Piraten zuschreiben. Selbige hatten infolge eines Mangels an Kochgeschirr einfach eine Eisenplatte erhitzt und die Speisen darauf gegart. Durch viele Seereisen kam diese Art der Kochkunst bis nach Japan. Von dort trat sie ihren endgültigen Siegeszug durch die Lande an.

Alexander Herrmann kommt allerdings nicht mit seiner Kochplatte zum Tisch, sondern lässt das Gericht in der Küche entstehen. Es ist aromatisch und kreativ kombiniert.

Weich & Kross

Kross

Weich

Weich & Kross

Parmesancreme, marinierter junger Spinat,
„mediterrane“ Chips.

Dessert

Tradition & Innovation

„Fürst Pückler-Eis“ (ohne Abbildung),
Schokolade, Vanille, Erdbeeren als Parfait und dekonstruiert.

FWEL

Elemente.
Wasser, Erde, Luft und Feuer.

Wieder so ein toller Einfall.

Knuspriger Schokoladenkuchen, flambierte Ananas mit Vanilleasche, Gletscherwasser in Schokolade und knusprige Holunder-“wolken“.

Die Elemente dürfen Sie selbst zuordnen.

Wein und Service:

2011 Ante I Custodi, IGT Sicilia / Italien
2012 Trenzado, Suertes del Marqués, Teneriffa / Spanien
2012 Silvaner Tradition, Weingut Störrlein, Randersacker / Franken
2013 Riesling GG, Johannisberg, Prinz Salm
2013 Riesling Kalkofen, Dr. von Bassermann-Jordan
2012 Chardonnay, Würzburger Stein, Bürgerspital / Franken
2011 Muschelkalk, Pinot Noir, Burkhart
2012 Dido, Montsant, Macabeu i Garnatxa

Der Service ist professionell, kompetent und von großer Herzlichkeit geprägt.
Sommelier Kolb macht diesen Abend mit seinem Einsatz und seiner Hingabe zu guten Weinen, zu etwas ganz Besonderen. Selten erlebt man, dass das Vergnügen an einem gelungenen Abend nicht nur auf der Seite des Gastes deutlich wird.

Der charmante Patron Alexander Herrmann ließ es sich nicht nehmen, auch einmal vorbeizuschauen.

FAZIT:

Wie gut, dass gesunde Skepsis nicht zu unangemessenen Vorurteilen führt, sondern zum heilenden Selbstversuch.
Alexander Herrmanns Küche hat uns überrascht. Sein Spiel mit Aromen, Gegensätzen und gewagten Kombinationen hat uns für ihn eingenommen.
Die unverkennbaren fränkischen Einflüsse in Herrmanns Kochkunst sind originell und kulinarisch grandios, wie z.B. beim Fränkischen Schiefertrüffel.

Das Menü überzeugt durchgängig, es gibt kein Streichergebnis. Es ist durchdacht kombiniert ohne zur Leistungsschau zu werden.

Das Menü „OFF“ ist bei uns noch offen.
Also Servus dann.

Zur Homepage von Alexander Herrmann kommen Sie mit diesem Link.

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