Horváth (*) II

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Drei Jahre nach unserem ersten Besuch im Restaurant Horváth, drei Jahre nachdem Sebastian Frank erstmals einen Michelinstern erkocht hatte, war es höchste Zeit, wieder einmal dem Restaurant am Berliner Paul-Lincke-Ufer einen Besuch abzustatten.

Sebastian Frank, der einige Jahre im Steirereck in Wien gearbeitet hat, übernahm Anfang dieses Jahres das Restaurant und hat sich damit noch mehr Verantwortung aufgeladen.
Neben dem Michelinstern zeugen 17 Punkte des Restaurantführers Gault&Millau von der hohen Qualität der Küche.

Der Empfang war branchenüblich. Wir durften an einem Tisch am Fenster Platz nehmen.

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Die Küche grüßte mit einer Gerstencreme mit eingelegtem Rettich und Sellerie.
Leichte Säurenoten prägten das Gericht.

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Endivie / Pastinake / Petersilie

Beim ersten Gang wiederholte sich das leichte Säurespiel, wobei der Möhrengeschmack eindeutig dominierte.
Gedörrte Gemüsestreifen mit Leindotteröl und kaum wahrnehmbarer, gebratener Kräuterseitling wurden kombiniert mit einem Endiviensalat in Apfel-Honig-Marinade.
Dazu kamen Petersilienwurzelkrem, getrocknete Blattpetersilie, Horvaths Kräutersprösslinge und Pastinakenmilch, die den sommerlich leichten Gang perfekt abrundete.

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Forelle / Kalbskopf / Frühkraut

Das lauwarme Lüneburger Forellenfilet war sehr gut gegart und ein insgesamt interessanter und kreativer Gang. Die Forelle zerging auf der Zunge.
Auch dieses Gericht war leicht und harmonisch abgestimmt.

Da die Zutatenliste dem Gast auf kleinen Karten überlassen wird, übrigens eine mehr als erfreuliche und kundenorientierte Maßnahme, führe ich die weiteren Komponenten aus Chronistenpflicht einfach an.
Gebratener Weisskohl mit Kalbskopf,
Dill mit kandiertem Zitronensaft,
geröstete Senfsaat und Senf-Öl,
Schokoladen & Chardonayessig Obers.

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Radieschen / Makrele / Apfelblüte

Es gab rohe Radieschen vom Gemüsehof Sülz und luftgetrocknete, gepökelte Makrele.
Dazu etwas Waldklee, rohe Rote Bete und Apfelblütensekt von Nachbars Garten.

Natürlich beherrschten die Radieschen die Szenerie.

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Erbse / Rosenseitling / Kolbasz

Diese Kombination hat mir besonders gut gefallen.
Zur gebratenen Uckermarker Erbsenschote gab es in Mandelöl eingelegten Rosenseitling.
Dieser Blätterpilz erinnerte geschmacklich an Speck oder Lachsschinken.

Hinzu kam eine Emulsion von der ungarischen Paprikawurst,
Kolbaszöl, Beurre blanc vom Mais-Kochwasser und geriebener Meerettich mit der ihm eigenen Schärfe.

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Eierschwammerl / Gulasch /Rahm

Krem vom Pfifferlingsgulasch, sauer eingelegte Pfifferlinge und Perlzwiebel,
gedämpfter Blattkohl, roher Kohlstiel und Rahm.

Eine würzige Kombination mit ausgezeichneten Pfifferlingen.

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Juvenilferkel / Suppenzwiebel / Akazie

Die Keule vom hessischen Juvenilferkel war wirklich sehr gut.
Angereichert mit Paprika-Cayenne-Zwiebel-Confit, gekochter Suppenzwiebel und als Kontrast Akazienblütenpaste mit weissem Pfirsisch. Abgerundet wurde das Ganze von einer Consommé von geröstetem Knoblauch.

Das zarte Fleisch wurde von leichter Schärfe umschmeichelt. Es hätte gerne etwas mehr sein können. Ein gut abgestimmter Gang bei dem ein Löffel hilfreich gewesen wäre. Eine Klage, die sich wiederholen durfte.

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Wasserkefir / Dörrzwetschke / Zitrone

Ein sehr „zitroniges“ Gericht.
Zwetschkengranité, Wasserkefir-Birnengelee, vergorene Dörrzwetschken,
Gelee und Zesten von der Zitrone, Schafsrahmjoghurt vom Wolfgangsee,
Wildkräuter, und Wasserkefir im Glas (o.A.).

Erfrischend und leicht.

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Rehkeule / Gelbe Rübe / Einlegekraut

Der Hauptgang:
Gebratene Brandenburger Rehkeule mit einer bemerkenswerten Röstgemüsereduktion,
dazu gekochte Gelbe Bete, Röstzwiebelschmelze, rahmig marinierte Schmorgurke und als besonderer Einfall, geeister Auszug vom Einlegekraut.
Nicht fehlen durfte eine geräucherte Jungzwiebel und ein geröstetes Rübenblatt.

Aufwendig allemal, zeigte Sebastian Frank Kreativität und handwerkliche Kunst.

Löffel!

Die Desserts schließlich huldigten der Karotte und der Erdbeere.

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Karotte / Mandel / Zitronenthymian

Getränkter Karottenkuchen,
Karotten-Zitronenthymian-Granité,
kandierte Karotte,
gehobelte Mandelkerne,
Öl mit gerösteter Karottensaat,
Zitronenglasur

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Erdbeere / Mohn / Germ

Emulsion von Erdbeer und Fandlers Mohnöl,
in Mohnöl getränkte Erdbeere,
Backmohnschrot,
Hefe-Schwarzwurzel-Eis,
Pimpinelle,
zerlassene Butter mit Erdbeersaat,
getrocknete Erdbeerblätter

Toll!

Wein und Service:

Sekt, Grüner Veltliner, Josef Jamek, Wachau,
Grauburgunder, 2010, Herrenletten, Müller-Catoir,

Knipser, 2009, Gaudenz, Cabernet Sauvignon, Dornfelder, St. Laurent

Der Service war zunächst sehr zurückhaltend.
Es wurde still eingesetzt und ausgehoben. Bei fortgeschrittenem Abend huschte auch schon mal ein Lächeln über die Lippen.

FAZIT:

Sebastian Frank hat in den letzten drei Jahren einen bedeutenden Schritt gemacht. Es brachte ihm 17 Punkte von Gault&Millau ein, womit er sich in bester Gesellschaft mit Kolja Kleeberg, Sonja Frühsammer, Michael Kempf und noch einigen anderen befindet.

Waren wir vor drei Jahren noch überrascht, konnten wir diesmal eine erfreuliche Weiterentwicklung, ja gar einen neuen Stil, entdecken.
Die Bestandteile der einzelnen Gerichte waren gut ausgesucht und prächtig kombiniert.
Allerdings fehlte mir der rote Faden im Menü.

Zur Internetseite des Restaurants gelangen Sie hier

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