In seiner neuesten Ausgabe zeichnet DER GROSSE RESTAURANT & HOTEL GUIDE erneut eine Vielzahl verdienter Personen, Leistungen und Konzepte in verschiedenen Kategorien aus.
Hoteldirektor 2021 wurde Alexander Aisenbrey vom Hotel Öschberghof in Donaueschingen. Alexander Aisenbrey war u.a. Mitglied der Geschäftsleitung der Traube Tonbach, Baiersbronn. Neben vielen verschiedenen Ehrenämtern in der Branche, ist er seit Juni 2016 der 1. Vorsitzende der Fair Job Hotels e.V..
Mit ihm konnte ich das nachfolgende telefonische Interview führen:
Bernhard Steinmann (B.St.): Herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung zum Hoteldirektor 2021 des Grossen Guides. Der Grosse Guide hat dabei ausdrücklich Bezug auf Ihren „Ö-Talk“ genommen. Wie haben Sie die Auszeichnung aufgenommen und was hat Sie veranlasst auf diese Weise mit Ihren Gästen zu kommunizieren?
Alexander Aisenbrey (A.A.): Nun, diese Auszeichnung muss man wohl im Zusammenhang mit der ganzen Arbeit des Hotels sehen. Auch wenn man persönlich geehrt wird, ist es doch das Team, das die Leistung erbringt. Gerade jetzt in dieser eher tristen Zeit, wo wir unsere Leistungen nicht wie gewohnt erbringen dürfen, wo das Hotel geschlossen ist, ist eine solche Auszeichnung sehr erfreulich.
Natürlich haben wir dies über unsere Kommunikationskanäle verbreitet, damit sich auch unsere Gäste daran erfreuen können. Dabei kommt unsere Social Media Kampagne „Ö-Talk“ besonders gut bei den Gästen an.
B.St.: Der letzte Ö-Talk mit Bezug auf das geschlossene Hotel war etwas, wie soll ich sagen, deprimierend. Wie sehen Sie die Lage für das Hotel derzeit und im Rückblick auf das Jahr 2020?
A.A.. Hier muss man etwas differenzieren. Für uns im Öschberghof ist, wie derzeit bei allen Hotels, die Situation sehr belastend. Nun gehören wir zu einer Unternehmensgruppe, die finanziell die Krise gut überstehen wird. Das ist für uns natürlich sehr positiv. Ich befürchte allerdings, dass dies vielen Kollegen nicht gelingen wird.
Die Situation für unsere Mitarbeiter ist natürlich nicht sehr motivierend, wenn man befürchten muss, vor Februar 2021 nicht mehr öffnen zu können. Insofern ist die Stimmung eher gedämpft und weniger fröhlich. Aber wenn es wieder los geht, sind wir bereit unsere gewohnte Leistung zu erbringen. Das Ergebnis zwischen den zwei erzwungenen Schließungen war grundsätzlich gut. Der Öschberghof wurde renoviert und das Jahr 2020 wäre das erste volle Jahr nach der Renovierung gewesen.
B.St.: Ursprünglich ging die Planung dahin ab 10. Januar 2021 wieder zu öffnen. Das sehen Sie im Augenblick eher kritisch?
A.A.: Zunächst geht der beschlossene Lockdown bis 10. Januar 2021. Wir gehen stark davon aus, dass die Hotellerie und Gastronomie wieder erst als Letzte öffnen dürfen. Entweder man bekommt die Infektionszahlen in den Griff und alle können öffnen, was ich persönlich als eher unwahrscheinlich ansehe, oder es kommt nicht dazu.
Meine optimistische Voraussage würde auf eine Öffnung ab 1. Februar 2021 hinauslaufen. Der realistische Ausblick geht eher in Richtung einer Öffnung nach dem Fasching und meine pessimistischste Variante geht in Richtung Ostern.
B.St.: Nun zu einigen Kennzahlen. Wie viele Mitarbeiter arbeiten im Hotel und wie viele befinden sich derzeit in Kurzarbeit? Erfreulicherweise habe ich bereits bei meinem ersten Anruf eine freundliche Mitarbeiterin erreicht.
A.A.: Wir haben insgesamt 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 95% davon befinden sich derzeit in Kurzarbeit. Selbstverständlich haben wir eine Notbesetzung. Der Empfang beispielsweise ist immer mit zwei Personen besetzt. Reservierung und Marketing sind ebenfalls immer besetzt.
Luisa, meine Assistentin, ist der Dreh- und Angelpunkt meines Büros. Auch sie ist immer hier. Natürlich muss auch die Technik laufen und die Golfsparte ist schmal besetzt.
B.St.: Wenn ich mit Hoteliers rede, taucht irgendwann immer das Wort Nachwuchssorgen auf. Wie sieht die Lage bei Ihnen aus? Haben Sie Probleme Interessenten für die Arbeit im Hotel zu gewinnen?
A.A.: Auch hier kann man das nicht pauschalisieren. Wir, im Öschberghof, haben seit Jahren eine, wie soll ich sagen, außergewöhnliche Nachwuchsarbeit.
Zunächst einmal sind wir Gründer der “FAIR JOB HOTELS” e.V., ein Verein, der seit vier Jahren in Deutschland besteht und dem sich mittlerweile etwa 80 Hotels angeschlossen haben. Im Fokus steht dabei die Mitarbeiterentwicklung, eine faire Behandlung, ausgesprochene Wertschätzung. Wir haben neue Programme für die Ausbildung entwickelt. Bei uns kann man nicht nur die klassische Ausbildung machen, man kann den Bachelor machen. Wir haben aktuell 78 Auszubildende und Studenten und derzeit keine Nachwuchssorgen. Wir haben sogar eine ausreichende Zahl an Bewerbern für das Jahr 2021. Etwa 25 bis 30 Auszubildende und Studenten nehmen wir pro Jahr an.
Mit dem Abschluss der Ausbildung enden unsere Anstrengungen jedoch nicht. Unsere Mitarbeiter werden ständig weiter- und fortgebildet. Auch hier sehe ich uns sehr gut aufgestellt.
Es gibt Kollegen die das ebenso handhaben. Das Hotel Johannisbad macht das beispielsweise ebenfalls sehr gut. Es gibt da schon noch einige Hotels mit ähnlichen Programmen.
Wenn man auf die gesamte Branche schaut, wird es aber auch dramatisch. Im Jahr 2020 wurden bereits insgesamt weniger Auszubildende eingestellt. Die fehlen natürlich. Wir werden hier auch zukünftig kritische Anmerkungen machen. Für die Ausbildung zuständig sind die Industrie- und Handelskammern (IHK) und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA).
Wir hatten nun fast ein halbes Jahr geschlossen, wobei auch die Ausbildung nicht fortgeführt werden konnte. Bis heute fehlt noch ein Konzept dafür, wie es mit der Ausbildung weitergeht und wie die Prüfungen geplant sind.
Die Probleme kommen aber nicht nur durch fehlenden Nachwuchs sondern die Situation für die Fachkräfte, den gesamten Mitarbeiterbereich, ist schwierig.
Die Krise hat gezeigt, dass wir nicht krisensicher sind. Wir waren unorganisiert und haben erfahren müssen, dass wir kein ausreichend gutes Standing in der Politik haben aber auch in der Bevölkerung nicht. Das wird, so fürchte ich, viele veranlassen die Brache zu verlassen. Dieses Thema wird sehr hart auf uns zukommen.
B.St.: Nun muss man dazu sagen, dass die Coronakrise und die daraus resultierenden widrigen Umstände nicht abzusehen waren. Insofern habe ich Verständnis dafür, dass man unvorbereitet ist, jetzt aber Antworten finden muss.
Sie haben die Fair-Job-Hotels schon angesprochen, deren Gründer und Vorstandsvorsitzender Sie sind. Dort wollen Sie verbindliche Standards für den Umgang in der Hotellerie setzen. Wie weit sind Sie bereits gekommen? Wie wird die Idee dort aufgenommen und sind dort auch Hotelkooperationen im Boot?
AA.: Wir sind, ich habe schon darauf hingewiesen, vor vier Jahren gestartet. Wir arbeiten ehrenamtlich und haben mittlerweile 80 Partner gewinnen können. Wir streben keinen Verband mit 1000 Hotels an. Gut führen zu wollen und zu können bedarf einer Vision. Darauf kommt es an.
Die IHK, die DEHOGA haben natürlich alle den Wunsch nach fairen Bedingungen. Von der IHK gibt es beispielsweise Auszeichnungen für den besten Ausbilder der Region. Was auch immer das bedeutet. Man muss hierfür schlicht nichts nachweisen. Solche Auszeichnungen versehe ich schon mal mit einem Fragezeichen.
Bei uns muss man zunächst eine Vision haben. Nur der Leader, nur die Führung kann eine gute Mitarbeiterführung garantieren.
Wenn Sie mir, lieber Herr Steinmann, eine Kette, eine Hotelkooperation nennen können, wo Sie sicher sind, dass jedes Haus fair führt, dann können die gerne mitmachen. Wenn Sie in der Zentrale schriftlich niederlegen, dass die Mitarbeiter gut behandelt werden, dass richtig kommuniziert wird, die Mitarbeiter fair behandelt werden, weitergebildet werden, heißt das noch lange nicht, dass dies auch in den einzelnen Häusern passiert. Dafür ist immer der Leader zuständig. Wenn es dort nicht ankommt, dann ist es nur eine Farce.
Wir haben mit unserem Vertrauensmann eine Stelle, die rege genutzt wird und bei der die Mitarbeiter unserer Partner sich melden können. Die Anfragen sind anonym und vertraulich und wir konnten schon viele Themen und Probleme lösen, ja sogar Häuser aus dem Verbund herausnehmen, wenn eine faire Führung nicht zu schaffen war.
Deswegen sind wir lieber klein und fein und mit einer klaren Vision. Innerhalb von vier Jahren haben wir es geschafft, dass alle in der Brache die Fair-Job-Hotels kennen. Das ist ein großer Erfolg.
Alexander Aisenbrey (© Öschberghof GmbH)
B.St.: Das klingt sehr erfreulich und auch Ihr Engagement für die Sache wird deutlich. Was zeichnet den Öschberghof, immerhin ein 5 * Superior Hotel, aus?
A.A.: Wir haben seit fast fünf Jahren renoviert und erweitert. Wir haben damit das Haus in seiner Hardware auf den 5-Sterne-Plus-Bereich gebracht. Wir haben vier Restaurants im Haus und für das Ösch Noir im ersten Jahr einen Michelinstern erhalten. Dazu kommen ein großer Spa-Bereich und drei Golfplätze. Das ist ein großes Portfolio an Hardware für den 5-Sterne-Plus-Bereich.
Viel entscheidender aber ist nun, die Gäste zu begeistern. Bei 126 Zimmern eine Mitarbeiterquote von 400 Personen aufzuweisen ist wahrscheinlich einmalig in Deutschland. Wir wollen den Gast auf natürliche Art und Weise begeistern. Wir wollen keine Einheitsmitarbeiter. Wir entwickeln individuelle Menschen, die Spaß an der Dienstleistung haben. Sie freuen sich auf den Gast, sie freuen sich auf den Öschberghof und sie sind Stolz darauf hier arbeiten zu können. Diese Kombination von Hardware und einer engagierten Crew zeichnet uns aus.
B.St.: Für mich persönlich ist das Restaurant immer von besonderer Bedeutung. Küchenchef Manuel Ulrich hat mit seinem Team im Ösch Noir einen Michelinstern als Auszeichnung erhalten. Welche Bedeutung hat das für das Hotel und Sie persönlich?
A.A.: Das hat eine große Bedeutung. Ich selbst war ja einige Jahre in der Geschäftsleitung der Traube Tonbach tätig. Damals noch mit Harald Wohlfahrt, der Jahr für Jahr drei Michelinsterne verteidigen konnte. Danach war ich im Vila Vita, dort erhielt Bernd Siener seinen ersten Michelinstern.
Wir haben uns im Öschberghof immer weiter entwickelt und eine Auszeichnung wie der Michelinstern ist für viele Gäste auch ein Buchungsgrund. Man kommt sozusagen in eine ganz andere Liga. Es gibt schließlich auch einen nennenswerten Gourmettourismus.
Früher haben die Gäste ihr Buchungsverhalten von Schwimmbädern abhängig gemacht und heute sind es Sternerestaurants, die als Qualitätsmaßstab gelten.
B.St.: Gerne möchte ich Sie jetzt etwas provozieren. Die Homepage des Restaurants bietet französische Speisen mit modernen Einflüssen. Geht der Mainstream nicht nach Asien oder zur streng regionalen Ausrichtung?
A.A.: Wir überlassen es selbstverständlich dem Küchenchef, in welche Richtung er tendiert. Die asiatische Welle oder die Fusionsküche ist ja schon 10 oder mehr Jahre alt. Harald Wohlfahrt, wenn ich nochmal auf ihn zurückkommen darf, hat immer seine Linie gekocht und beibehalten. Er hat das wohl beste Gänselebermosaik weltweit gemacht. Daran hat er sich gehalten und damit hatte er eine sehr lange und erfolgreiche Zeit.
Manuel ist ein Eigengewächs. Er hat sich bei uns entwickelt. Er kocht klassisch, wie er es gelernt hat, mit interessanten Gewürzeinflüssen. Wir waren vor der Schließung jeden Abend ausgebucht. Er macht ein Kalbsbeuscherl, das die Gäste absolut begeistert.
ich sage es mal so. Man kann dem Mainstream folgen, wenn man das alles authentisch hinbekommt. Aber nur um einer Welle zu folgen, würde ich das nicht mittragen.
B.St.: Zumal Sie auf dem Öschberghof noch weitere Restaurants haben und damit ein breites kulinarisches Bild zeichnen.
A.A.: Gäste, die bei uns mehrere Tage verbringen, können jeden Tag aus einem umfangreichen Angebot auswählen. Man kann italienische Küche genießen oder alpenländisch speisen. Wir bieten internationale Speisen und Sterneküche in unserem Ösch Noir.
B.St.: Lieber Herr Aisenbrey, vielen Dank für dieses interessante Gespräch.
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