La Vie (***) II

DSC_1513

Wieder einmal führt uns der Weg nach Osnabrück.
Das Restaurant La Vie ist unser Ziel. Der Avantgardist Thomas Bühner (drei Michelinsterne, 19 Punkte im aktuellen Gault&Millau) erwartet seine Gäste in stilvollem Ambiente. Warme Erdtöne und edle Hölzer bestimmen die Szenerie.
Der Emfang ist freundlich, wie immer.

Da all dies früher schon beschrieben wurde und Thomas Bühner hinlänglich bekannt sein dürfte, wenden wir unsere Aufmerksamkeit ohne Verzug der Speisekarte zu. Die Wahl fällt auf das Menü „Le Grand Chef“.

Bühner, soviel darf vorweggenommen werden, kocht und zelebriert auf der Höhe der Zeit, ohne dem Zeitgeist nachzujagen. Natürlich finden nur die allerbesten Produkte Verwendung, auch Regionales fließt ein, ohne jedoch der Regionalität als Selbstzweck zu huldigen.

1498

Zunächst gibt es die obligatorischen Grüße aus der Küche, bei denen etwas Gänseleber (links) und ein Chip aus Norialgen noch erinnerlich sind.

Hummer, Bete

Hummer, Rote Bete & Haselnuss.

Ein weiteres Amouse Bouche.

Die Haselnuss kommt auch als Schaum und als Cracker zu Ehren. Aufwändig gestaltet, durchaus als regulärer Gang geeignet.

Loup de Mer

Loup de Mer,
mariniert, Limequat & Avocado, Couscous

Die Kreuzung aus Limette und Kumquat zeigt leichte Säurenoten ohne damit zu dominieren. Insgesamt eine interessante Kombination mit vielen Einzelteilen. Der Start ist gelungen, wenn auch das gewählte Geschirr (kann man das überhaupt so nennen?) nach meinem Empfinden eher unpraktisch ist.

Erwähnen muss ich unbedingt das ausgezeichnete Algenfocaccia, welches, wenn ich mich richtig erinnere, zum Loup de Mer gereicht wurde.

Steinbutt

Steinbutt
2 mal Brokkoli und Dampfnudel, Tobiko-Kaviar

Dass der Steinbutt von bester Qualität ist, verwundert natürlich niemanden mehr.
Der Garpunkt ist vortrefflich und in einem Restaurant der Spitzenklasse auch nicht anders zu erwarten.
Wie schon beim Loup de Mer, rücken reichlich Begleiter der Hauptkomponente zu Leibe.
Darin liegt allerdings der Zauber der Kreationen.
Bühler tüftelt, entwickelt sich und seine Kreationen fort, probiert, testet, immer auf der Suche nach dem optimalen Ergebnis.

Insgesamt sind Bühners Kreationen intelligent gemacht, jedoch nicht verkopft. Sie erschließen sich dem aufmerksamen Gourmet, sobald die einzelnen Komponenten probiert und in unterschiedlicher Zusammensetzung geschmeckt werden. Nimmt man von allem etwas, offenbart sich das Aromenspektrum und die Geschmacksfülle in einzigartiger Weise.
Puristisch sind Bühners Teller keinesfalls gestaltet. Ihm reicht es offensichtlich nicht, ein gutes Grundprodukt für sich sprechen zu lassen, er arbeitet mit unterschiedlichen Eindrücken, gegensätzlichen Texturen und reizvollem Mit- und Gegeneinander von geschmacklichen Wahrnehmungen. Dennoch finden wir nicht das Unwirkliche sondern das Wirkliche, es erweitert den gustatorischen Erfahrungsbereich.

Aber auch ohne sich weitreichende Gedanken machen zu müssen, offenbaren sich einem die aufwändigen und komplex gestalteten Kreationen schnell und deutlich.
Die häufig gestellte Frage, ob wirklich zu viele Komponenten in einen Gang eingebaut werden, ist meiner Meinung nach hinfällig. Ist es doch gerade das manchmal kraftvolle und manchmal subtile Zusammenwirken unterschiedlicher Geschmackseindrücke, die die Reise nach Osnabrück so reizvoll machen.

Das Fleisch des Fisches ist fest, von schöner Struktur und herrlichem Geschmack.
Tobiko, sind übrigens Eier einer bestimmten Art (es gibt davon reichlich) eines Fliegenden Fisches. Gut zu erkennen auch etwas Pak Choi und Brokkoli in zweierlei Variationen. Hinzu kommen eine kleine Dampfnudel mit Taschenkrebstatar und, nicht im Bild, eine Essenz aus Kichererbsen und Jabugoschinken.

Jacobsmuschel

Coquille Saint Jaques.
Kürbis, Süßkartoffel & geräuchertes Ei

Ein ansprechendes Gericht, harmonisch und leicht, aromatisch überzeugend.
Tadellos die Jacobsmuschel, harmonisch fügen sich die begleitenden Komponenten ein.

Trüffelravioli

Trüffelravioli (liquid)
mit Marone & Sellerie.

Natürlich kann das Foto zum Geschmack keine Aussage treffen, dennoch wird die Raffinesse der Kreation mehr als deutlich. Die Trüffelravioli zerplatzen im Mund und überraschen mit einem wahren Aromenfeuerwerk. Gehobelter Trüffel krönt das Ganze.

Kartoffelschaum & Kürbis Curryeis

Auf ein Foto dieses Zwischengerichtes verzichte ich bewusst. Es würde sich auch nicht vom dem im Jahre 2012 veröffentlichen Foto unterscheiden. Das Kürbis-Curryeis bleibt im Verborgenen, ist fein komponiert und geschmacklich außerordentlich ansprechend.

Bison

Bison (kanadisch)
Lauch, Zwiebel und Zitrone
schwarzer Knoblauch

Bisonfleisch soll für gesundheitsbewusste Verbraucher besonders attraktiv sein. Ein hoher Nährwert wird bescheinigt, zudem wenig Fett und zum guten Schluss ist es auch noch cholesterinarm. Geschmacklich jedenfalls, hat es uns überzeugt. Kraftvoll und äußerst delikat. Nochmals erwähne ich die außerordentliche Produktqualität. Man kann es wirklich nicht oft genug wiederholen.
Kalbsjus und Misoschaum werten das ohnehin tadellose Fleisch weiter auf. Die übrigen Zutaten sind originell angeordnet. Wie ich finde, auch optisch ein gelungener Gang.

F d`A

Fourme d´Ambert
Schwarzwurzel &Birne

Der Blauschimmelkäse ist cremig und mild. Feinwürzig und nusssig. Er hat die Spitzengastronomie in Deutschland anscheinend endgültig erobert.
Die Birne passt dazu, als hätte man sie extra dafür erfunden.
Dazu reicht man noch „Cappuccino mit Fourme d´Ambert“.

Vordessert

Orange, Haselnuß & marinierter Chicoree.
Die Pâtisserie verblüfft mich zunächst mit einer interessanten, erfrischenden und sehr wohlschmeckenden Kombination und steigert sich sogar noch beim folgenden Dessert.

Grüner Apfel

Grüner Apfel & Ricotta
Erdmandel, Ruccola Granitée

Erdmandel, eine unterirdische Wurzelknolle mit reichlich Ballaststoffanteil und ein „nochmals gekochter“ Frischkäse ergeben eine interessante Kombination. Das
Ruccola Granitée ist ein pfiffiger Einfall.

Damit hält die Pâtisserie zum Abschluss das Niveau der vorangegangenen Speisen.
Auch das erlebt man nicht alle Tage.

Zum Abschluss noch einige delikate Kleinigkeiten, perfekt zubereitet und schmackhaft.

Ingwer-Bier

1511

1512

Wein und Service:

Brut Premier Cru
Forget-Brimont / Champagne

2007 Chablis Grand Cru – Vaudesir
Christian Moreau / Burgund

2011 A Lisa Malbec
Noemia / Patagonien

Der Sommelier Sven Ötzel berät klug und mit viel Sachverstand. Bei unseren letzten Besuchen fand ich immer eher kritische Worte. Doch seine Entwicklung ist fortgeschritten und er scheint sich eine wissende Gelassenheit angeeignet zu haben. „Aufgetaut“ möchte ich es fast nennen. So trägt der Sommelier und der kundige Service zum Gelingen des Abends bei.
Die Gastgeberin Thayarni Kanagaratnam leitet den Service spielerisch leicht und mit großer Herzlichkeit.

FAZIT:

Auch wenn bei der Beschreibung des Steinbuttgerichtes schon viel über Bühners Philosophie gesagt worden ist, noch ein paar Worte zum Schluss.

Mit großer Ernsthaftigkeit, hoher Präzision, scheinbar nicht zu versiegender Kreativität, Leidenschaft und erstaunlicher Leichtigkeit geht Thomas Bühner seinen Weg. Die hohe Produktqualität ist ihm besonders wichtig.
Mann muss sich auf seine Geschmackbildern einlassen, es geschehen lassen und schon nimmt ein unvergessliches Dinner seinen Lauf.

Da ich es an anderen Stellen schon häufig kritisiert habe, darf ich in diesem Falle erfreulicherweise attestieren, dass Thomas Bühner den Kontakt zum Gast sucht und an dessen Meinung interessiert ist. Auch dafür vielen Dank.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Hiermit akzeptiere ich die Datenschutzbedingungen