Wir sind noch immer in Hohenlohe. Genau genommen in Mulfingen-Ailringen. Jedenfalls hat es unser Navigationsgerät geschafft, einen Weg zum Hotel & Restaurant Amtshaus, einem historisches Fachwerkhaus im idyllischen Jagsttal, zu finden. Unser Heim für zwei Tage.
Das Haus blickt auf 500 Jahre Geschichte zurück. Der Deutschorden, eine römisch-katholische Ordensgemeinschaft ließ das Haus im Renaissance-Stil errichten. Weiterhin prägend war eine barocke Umbauphase.
Vor dem Verfall bewahrt, wurde das Haus durch den Erwerb der Unternehmensgruppe Würth im Jahr 1992.
Küchenchef Sebastian Wiese und Sommelier Jürgen Alt habe ich ja bereits vorgestellt. Hierzu verweise ich auf die kürzlich veröffentlichten Interviews.
Nun wollen wir uns deren Arbeit etwas genauer anschauen.
Es werden zwei Menüs angeboten. Sebastian Wiese hatte für uns beide vorbereitet und nach kurzer Beratung wählte meine Frau das Menü
„Vor der Haustür“ aus.
Forelle aus dem Erlenbach mit Rote Bete und Meerrettich
Die Forelle war von einer sehr guten Qualität und zart. Die wenigen Begleiter passten hervorragend dazu.
Maultaschen vom Adolzhausener Ziegenfrischkäse mit Kaninchenragù und Tomatengsälz
Wer hat die Maultaschen erfunden? Schwierige Frage mit vielen unterschiedlichen Antworten. Einige behaupten, sie seien von der Großfürstin Catharina Pawlowna aus Russland mitgebracht worden.
Besser gefällt mir die Variante mit den „Herrgottsb´scheisserle“. Mönche aus dem Kloster Maulbronn sollten in der Fastenzeit das eigentlich verbotene Fleisch zerhackt und mit Spinat getarnt in Teig „verpackt“ haben.
Vielleicht kennen Sie ja noch bessere Geschichten zur Maultasche.
Sebastian Wiese hat eine geschmacksintensive Variante kreiert. Die Temperatur des Gerichtes lässt den Ziegenkäse noch kräftiger, dennoch nicht störend, zur Geltung kommen.
Reicher Ritter von Klepsauer Wachtel mit Trauben und Löwenzahn
Eine schmackhafte Kombination mit sehr zartem Fleisch.
Flusszander mit Schwarzwurst, Lauch und Quitte
Der Fisch hat schönes festes Fleisch, allerdings wenig Eigengeschmack. Erst die Beilagen geben dem Gericht den aromatischen Kick.
Waldenburger Damhirsch mit Zuckermais, Champignons und Wiesenkräutern
Punktgenau gegart, süss und kräftig im Geschmack.
Ailringer Hagebutten, Haselnüsse und Berlepschapfel
Na, schon mal Juckpulver gegessen? Das war mein erster Gedanke bei den Hagebutten. Die „Zitrone des Nordens“ ist reich an Vitamin C und recht sauer. Unglaublich, dass die Küche daraus ein so harmonisches Dessert kreieren konnte.
Soweit „Vor der Haustür“.
Für mich war an diesem Abend der Blick „Über den Tellerrand“ vorgesehen.
Marmorierte Gänseleber und schottische Jakobsmuschel mit Klee und Kresse
Sehr schön kombiniert. Ein starkes Aroma mit leichten Bitternoten.
Toro vom Bluefin Thunfisch mit schwarzem Rettich, Wasabi und Ponzu
Die Schärfenoten sind sehr intensiv, ohne jedoch allzu aufdringlich zu wirken. Sehr gelungen.
Kaisergranat mit wildem Brokkoli, Cashewkernen und Liebstöckel
Schon der bloße Anblick löste Vorfreude aus. Die Zusammenstellung war jedenfalls interessant. Mit den Cashewkernen wurde eine weitere Textur hinzugefügt. Dennoch waren mir letztlich die Begleiter fast zu dominant.
Limousin Lammrücken mit Senfkohl, Pilzen und Parmesan
Das Fleisch war sehr gut gegart und überaus schmackhaft. Wiese schickt den Lammrücken mit sehr aromenstarken Begleitern.
Dreierlei Schokolade mit Thaimango und Kakao
Ein tolles Dessert.
Wein und Service:
2016 Le Deux Tours, Sauvignon Blanc Vintage, Baron Patrick de Ladoucette
2011 Muscat Beaumes de Venise, Famille Perrin
2016 Heitlinger Pinot Gris Spicy Stone trocken, Weingut Heitlinger
2016 Riesling, Zeltinger Sonnenuhr, „Ur“ alte Reben, Selbach Oster
2016 Chardonnay, Reserva, Sol de Chile, Valle Central, Chile
Riesling Spätlese, Kreuzwertheimer Kaffelstein Alte Reben, Alte Grafschaft
2012 Gilles Robin Papillon Crozes-Hermitage
2010 Chateau de Parenchere, Bordeaux Superieur, France
Der Service war freundlich, kompetent und fleißig. Da er aus nur zwei Herren bestand, war er auch dauerbeschäftigt. Dennoch, das muss man den Herren unbedingt zugute halten, nahmen sie sich für die Gäste Zeit und beantworteten die an sie gestellten Fragen ruhig und sachlich. Eine gute Leistung.
Jürgen Alt, Restaurantleiter, Sommelier und einer der beiden Servicekräfte, bescherte uns eine interessante Weinbegleitung. Geschmacklich und qualitativ waren wir mit der Weinreise recht zufrieden.
Gleichwohl möchte ich anmerken, dass ich persönlich gerne etwas mehr in den regionalen Weinen herumgestöbert hätte. Zumal wir am Vortag das Vergnügen hatten, einen trockenen Weißwein zu verkosten, der das Amtshaus auf dem Etikett zeigt und vom Weingut Ungerer in Zusammenarbeit mit Jürgen Alt kreiert wurde.
Es mag aber auch sein, dass die aus der Umgebung kommenden Gäste eher weitgereiste Flaschen bevorzugen, da sie die heimischen Produkte eher kennen.
FAZIT:
Sebastian Wiese und sein Team achten vor allen Dingen auf hervorragende Produkte und darauf, dass der Geschmack der einzelnen Komponenten deutlich erkennbar ist.
Die Gerichte sind durchdacht, verständlich, gut kombiniert und erfüllen geschmacklich viele hohe Erwartungen. Beide Menüs sind kreativ zusammengestellt und machen einfach Spaß.
Kommentare