Restaurant Bareiss (***)

1917

Unsere Reise nach Baiersbronn findet ihren Abschluss im Restaurant Bareiss des gleichnamigen Hotels. In der Küche regiert Claus-Peter Lumpp, dessen Streben nach Perfektion im Herbst des Jahres 2007 mit dem dritten Michelinstern bedacht wurde.

Lumpp wurde in Baiersbronn ausgebildet und hat bei namhaften Köchen gearbeitet. Dazu gehören u.a. Heinz Winkler, Tantris und Eckart Witzigmann, in der legendären „Aubergine“. Nicht zu vergessen: Alain Ducasse. Küchenchef im Restaurant Bareiss ist er seit 1992.

Es ist unser vierter Besuch in diesem Restaurant.
Das ist insofern bemerkenswert, da wir Jahr für Jahr nach Baiersbronn fahren und nur alle paar Jahre den Weg zu Lumpp finden.
Nach meiner Meinung kommt das Restaurant Bareiss der Bezeichnung „Gourmettempel“ in der deutschen Hochküche am nächsten. Der Raum, das Ambiente, die Blumen, alles perfekt inszeniert. Der Empfang ist geschäftsmäßig. Der Service professionell, korrekt und formell.

Eine Wohlfühlatmosphäre ist nicht sofort greifbar. Sie entwickelt sich erst allmählich, wenn die beeindruckenden Küchenleistungen von Claus-Peter Lumpp ihren Zauber entfalten und die Anspannung weicht.

Die Amuse Bouches sind, wie immer, sehr interessant und geschmacklich beeindruckend.

AB I

Kartoffeln,
Kapern,
Meerrettich,
Meerrettichschaum.

Intensiv, würzig und leicht.

AB II

Gebratenes Filet
von Rascasse und
Kohlrabicreme.

Die sehr feine Kohlrabicreme umschmeichelt den Fisch zart, sahnig und leicht.
Auf die Bezeichnung „leicht“ greife ich deshalb zurück, da Lumpp gerne auch üppig vorträgt, mit markanter Zugeneigtheit zur Reichhaltigkeit.

Rascasse, der Große Rote oder der Braune Drachenkopf schwimmt auch gerne in der Bouillabaisse. Diese Kreation kann man sich durchaus als regulären Gang im Menü vorstellen.

1896

1897

Terrine von marmorierter Gänseleber mit gesalzenem Karamell und Portwein
, Crème Brulée mit Gänseleberschnee, 
Gänseleberschaum mit Kakaobohnen, Streusel und Eis

Gebratene Leber mit Gänselebermaccaron und altem Balsamicoessig.

Brioche.

À la carte ist bei mir nach dem Genuss vieler Menüs wieder in den Blickpunkt geraten. Gerade bei der freien Auswahl der Speisen zeichnen sich so manche Köche besonders aus. Eine herausragende Qualität legt dabei Pierre Gagnaire an den Tag, wie ich früher schon berichtet habe. Doch auch Claus-Peter Lumpp zeigt gerade hier besondere Fähigkeiten.

Die Variationen der Gänseleber sind von außerordentlicher Qualität. Textur und Akkorde sind kaum zu übertreffen. Hinzu kommt, dass Lumpp nicht mit Probierhäppchen aufwartet, sondern Gelegenheit gibt, intensiv zu genießen und der Aromenfülle nachzuspüren und genüsslich auszukosten. Die komplette Präsentation zeigt neben den handwerklichen Großtaten der Küche auch eine zeitgemäße Umsetzung auf.

Besonders beeindruckt hat mich die gebratene Leber, die in Koalition mit dem süß-saueren Balsamicoessig für langen Nachhall sorgt.

1900

Kalbsbries.

Leicht geräuchertes Kalbsbries mit Crème von getrocknetem Mais, Balsamicoglace, Sauerrahm und Popcorn.

So aufwändig die Zubereitung der Thymusdrüse des Kalbs auch ist, fotogen ist die Innerei eher nicht. Dafür ist das Gericht geschmacklich ein Volltreffer. Die Begleiter sind klug ausgewählt und stimmig.
Nicht nur das Popcorn assoziiert in mir den Eindruck von großem Kino.

Reh III
Reh II
Reh I

Reh aus der Bareiss Jagd

Rehrücken mit Wildaromaten gebraten, auf Steinpilzpüree mit Wacholderglace.
Steinpilzrisotto mit geschmorter Schulter.
Rehkeule im Gewürzsud pochiert auf Steinpilzen à la Crème, Steinpilzflammkuchen mit geräuchertem Rehfilet.

Der opulente Gang ist aromatisch sensibel abgestimmt. Die Wacholderglace ergänzt vortrefflich und nimmt dem Umami-Aroma des Rehrückens die Wucht.

Eleganter präsentiert sich die geschmorte Schulter mit Steinpilzrisotto.
Die dritte Variation zeigt sich als wahres Feuerwerk an Aromen.

Außergewöhnlich!

1912

Topfen und Exotic

Topfensoufflée mit Passionsfruchtsauce, Topfencrème mit Banane, Mango, Kokoscrumble
und Guavensorbet.
Passionsfruchteis.

Ein großartiger Abschluss eines interessanten und aromenreichen à la carte-Genusses.

Damit sind wir aber noch nicht am Ende unserer Testreihe.
Meine Gemahlin hat sich für das kleine Menü entschieden.

Atlantik Lotte 
mit Curry, Kokoscrème und Linsen (o.A.)
Das furchterregende Fischlein zeigt sich von seiner besten Seite.
Auffallend die leichte Schärfe und die bissfesten Linsen.

Kabeljau

Kabeljau in Olivenöl pochiert mit Kürbis und Verveinesauce.

Die Küche steigert sich mit dem grandiosen Kabeljau. Der Kürbis passt wunderbar zum Fisch und ist damit nicht als saisonales Gimmick zu sehen. Die Verveinesauce ist der Trumpf in diesem Blatt. Ein zarter, an Zitrone erinnernder Hauch umschmeichelt die Nase.
Leider ist das Heilkraut in Deutschland etwas in Vergessenheit geraten. In Frankreich dagegen wird es als Tee geschätzt.

Steinpilzrisotto

zu Risotto

Steinpilzrisotto
mit geschmortem Schwarzfederhuhn
und
Steinpilzschaum.

Ein äußerst gelungenes Risotto.

Perfekt mag ich es nicht nennen, da eine Mitarbeiterin einer Tankstelle in Baiersbronn mir diesen Ausdruck vor Jahren untersagt hat. Erlaubt sei lediglich: „Fascht perfekt“.

Die Textur des „Poulet Fermier Noir“ ist zugleich zart und fest.

Der Steinpilzschaum aromatisch und würzig.

Zwetschgen mit Tahiti Vanille und karamellisiertem Brioche (o.A.)

Auch das Dessert weiß zu überzeugen.

Wein und Service:

Den Service habe ich bereits zu Beginn des Berichtes als professionell, korrekt und formell bezeichnet. Dies alles trifft auf Restaurantleiter Thomas Brandt zu. Er kann auch
charmant, zugewandt und liebenswürdig sein, wie auf der Homepage des Hotels nachzulesen ist. Allerdings, so jedenfalls mein Eindruck, benötigt er hierzu schon mal die Hilfe des Gastes. Wenn alles stimmt, kann er sogar humorvoll sein, wie an diesem Abend.

Bei der Wahl der Weine begeben wir uns in die kompetenten Hände von Sommelier Jürgen Fendt und werden nicht enttäuscht.
Dass bei der Wahl des Rotweines ein Produkt der Fendtfamilie ausgewählt wird ist der Qualität des Weines zuzuschreiben, nicht dem Versuch, Jürgen Fendt ein Lächeln zu entlocken.

2010 Malterer, Weingut Bernhard Huber, Breisgau
Zwei Null Zehn Spätburgunder, Weinfamilie Fendt

FAZIT:

Claus-Peter Lumpp versteht es, seine Gäste zu beeindrucken. Mit großem Einfallsreichtum überrascht er sowohl handwerklich aber auch mit Fantasie und kreativen Ideen.
Er spielt mit Temperaturen und Texturen. Die Aromenbilder sind manchmal differenziert und feinfühlig, dann wieder kräftig und wuchtig. Immer ist die Produktqualität vorbildlich.

Wie erwartet, sind die à la carte-Gerichte im Aromenbild weitaus breiter angelegt, während im Menü Ausgeglichenheit und Feinheit dominiert.

Lumpps Visite im Restaurant ist dagegen eher ernüchternd. Ein lockerer Small Talker wird er wohl nicht mehr.

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