Schwarzwaldstube (***) 02. Juni 2012

Wir sind wieder einmal in Baiersbronn. Die waldreichste Gemeinde in Baden-Württemberg wartet mit Wanderwegen von ca. 550 Kilometern Länge auf. Wer gerne den Nordschwarzwald erwandern möchte, ist hier bestens aufgehoben. Man sollte jedoch auf keinen Fall versäumen, sich den Genüssen, welche in einem der besten Restaurants Europas, der Schwarzwaldstube in der Traube Tonbach dargeboten werden, hinzugeben.

Da ich den Namen des Restaurants gerne als fotografischen Aufmacher verwende, machte ich mich auf die Suche nach dem geeigneten Motiv. Im September 2011 hatte ich mich noch mit dem Hinweis „Französisches Restaurant“ zufrieden gegeben müssen. Diesmal sollte es schon der Name „Schwarzwaldstube“ sein. Das war nicht so einfach. Den einzigen Schriftzug mit dem Namen fand ich schließlich auf der Menükarte.

Harald Wohlfahrt und sein ausgezeichnetes Team muss ich an dieser Stelle nicht mehr vorstellen. Die Erwähnung von Spitzenbewertungen diverser Restaurantführer, Auszeichnungen und Belobigungen würden schnell den Rahmen sprengen. Steigen wir an dieser Stelle lieber ohne Umschweife in den außergewöhnlichen Abend ein.

Dieser begann bereits mit dem gewohnt freundlichen Empfang beim Betreten des Stammhauses, der wohltuend unkomplizierten, ungekünstelten Begrüßung durch den eloquenten und sympathischen Maître Ansgar Fischer und den ebenso freundlichen wie kundigen Sommelier Stéphane Gass. Die unverkrampfte, oder soll ich besser sagen, unzeremonielle, überaus angenehme Atmosphäre ließ uns die strapaziöse Anreise schnell vergessen und so gelang es binnen kurzer Zeit, sich zu entspannen und erwartungsfroh die Menükarten zu studieren. Wir entschieden uns diesmal für das „Kleine Degustationsmenü“.

Zum Aperitif wurden die ersten Köstlichkeiten gereicht, verschiedene Schinken- und Olivensorten, kunstvoll angerichtet.

Es folgte der für die Schwarzwaldstube typische viergeteilte Amuse-Gueule-Teller, den ich zwar fotografierte, jedoch nicht besonders gut getroffen hatte. Dafür bitte ich um Nachsicht. Für einen kleinen optischen Eindruck sollte es jedoch ausreichen. Vorgesehen war nämlich, beim nächsten, in vier Tagen anstehenden Besuch, näher darauf einzugehen. Doch es kam ganz anders. Dazu später mehr. Mit freundlicher Unterstützung des Serviceteams wurde ich wenigstens in die Lage versetzt, die einzelnen Komponenten für Sie aufzuzählen.

04 - 2012-06-02< Zunächst ein Oliven-Crissini, gefüllt mit Gazpachogelee, obenauf Olivenringe und junger Basilikum. Darunter: Getrocknete Tomatenringe (gelb und rot), begleitet von Balsamicoessig. Schön herausgearbeitet die feinen Basilikumnoten, Tomaten und vor allem der Geschmack der Oliven. Na, wo haben wir angefangen?

Wir finden ferner ein Tomatenmus, Salat von rotem Zwiebellauch und getrocknete Tomate. Intensiv, schön cremig, harmonisch.

Melonensorbet mit marokkanischem „Ras el Hanout“ versehen. Die komplizierte Gewürzmischung kann 25 oder mehr unterschiedliche Gewürze enthalten. Hinzu kam Zitronen-Thymian-Baiser, geräucherter Hüttenkäse, umringt von gepickelten Melonenkügelchen. Ein herrlich frischer Akzent, erstaunlich wie man Hüttenkäse präsentieren kann.

Schließlich Karottenbisquit mit Zuckerschotenschaum, Octopussalat und einem Chili- und Frühlingslauch-Ring.

Ich hoffe, Sie sind mit dem Auffinden der Komponenten nicht allzu lange beschäftigt.

Der erste Gang: Thunfischbauch mit Sternanis gebeizt auf Sepiasalat mit Gartengurke, Algenspitzen und Limonenmarinade mit Ahornsirup.

Der Thunfischbauch, selbstverständlich von erlesener Qualität, wurde mit Sternanis gebeizt und bekam damit eine asiatische Note. Sternanis ist ein immergrüner Baum, der in Indien, Vietnam und Südchina seine Heimat hat. Geruch und Geschmack sind dem Doldenblütler Anis jedoch sehr ähnlich.

Der milde Geschmack der Gurke sorgte für angenehme Frische, ebenso die Algenspitzen, welche noch eine zart salzige Note beisteuerten und einen Hauch von Meer vermittelten. Nori, ich glaube mich zu erinnern, dass Norialgen annonciert wurden, ist die wichtigste Algenart der japanischen Küche und in Deutschland, seit der Verbreitung von Sushi, hinreichend bekannt. Dazu Sepiasalat und schließlich die Limonenmarinade mit Ahornsirup, welche dem Ganzen einen leichten süß-säuerlichen Touch beimengte. Dadurch wurde das Aromenspiel verbreitert und zu einem einzigartigen Genuss.

Es folgte eine konfierte Heilbuttschnitte und wilde Garnele, Makadamianüsse und Peperonis, feine Duftreiskrem unter Beigabe einer milden Thaicurrysauce.

Der zur Familie der Schollen gehörende Fisch, ich hatte dies bereits in einem früheren Bericht ausgeführt, der ohnehin eine feine Struktur hat und über zartes Fleisch verfügt, zerging auf der Zunge. Die Idee, die Heilbuttschnitte mit Duftreiskrem und Thaicurrysauce zu begleiten, muss hier als genial herausgestellt werden. Die geschmackliche Schärfe der Sauce, angenehm mild auf die Wärmerezeptoren einwirkend, tanzte auf der Zungenspitze. Die, eigentlich müsste man es nicht mehr ausdrücklich erwähnen, ebenfalls perfekt gegarte Garnele, war überaus köstlich und ausdrucksstark inszeniert.

Die kunstvollen Gemüseminiaturen sollen ebenso eine besondere Erwähnung finden.
Dabei ist der Teller nicht überladen, nichts ist bloßes Beiwerk oder lediglich für den optischen Eindruck aufgeboten. Herrlicher Brokkoli, ein Karottensträuschen und kleine Pfifferlinge, die den regionalen Bezug herstellten, vollendeten ein aromatisch wie texturell herausragendes Gesamtgeschmacksbild.

Gerne probiere ich die Komponenten einzeln, um den Geschmack des Produktes zu genießen. Das Zusammenspiel aller Komponenten jedoch, offenbart erst die Komplexität, ergibt etwas Neues, Unübertroffenes. Die außergewöhnliche Kreativität Harald Wohlfahrts kommt hier überdeutlich zutage.

Scheiben vom Milchkalbsrücken mit kleinem gefüllten Gemüse an Baroloessigjus.

Das nenne ich mal wirklich Verzicht auf vordergründige Effekte oder im Trend liegende Bezeichnungen. Understatement als Stilmittel?

Wie nicht anders zu erwarten, ist das Fleisch von erlesener Qualität. Typisch, die feine Faserstruktur des hellen Fleischs. Selbstverständlich wurde der Garpunkt genau getroffen. Ansonsten hätte der Teller die Küche sicher nie verlassen.

Erneut als Beigabe die von uns so geschätzten Miniaturgemüse, aufwendig und mit höchster Sorgfalt gestaltet. Ratatouille, gefüllte Zucchini, gefüllte Aubergine, jeweils mit Tomate, Zwiebelchen. Eine weitere Beilage, nicht im Bild, ein klassisches Kartoffelpüree.
Wer genau hinschaut, sieht jedoch noch etwas mehr. Brillante Geschmacks- und Aromenträger wurden aufgeboten. Bries, mit schmelzender Zartheit, Mark und Zunge. Die Kalbszunge, obwohl zu den Innereien zählend, ist eines der erlesensten Fleischstücke vom Kalb. Eiweißreich und besonders fettarm. Bei einem solchen Gericht eigentlich unverzichtbar.

Zu guter Letzt vermählen sich die einzelnen Komponenten mit grandiosem Baroloessigjus. So wird aus einem bescheiden annoncierten Gang, texturell und aromatisch ein Gericht der Extraklasse.

Ein Blick auf die Tischdekoration.

Etwas Käse vom Wagen durfte es diesmal auch wieder sein.

Zuckerperle Kir Imperial,
mit Waldmeister-Champagnerschnee, Rhabarberkompott und Walderdbeersorbet.
Mit gewohnter Qualität meldete sich die Pattiserie zu Wort.
Ein Blick ins Innere der Zuckerperle offenbart die einzelnen Komponenten. Erfrischend und mit unverfälschtem Geschmack von Rhabarber und Erdbeeren findet ein grandioses Menü seinen Abschluss.

Die Weinbegleitung von Stéphane Gass, wie immer ausgezeichnet und höchst interessant.

Muskateller 2009 Malterdinger Bienenberg von Bernhard Huber,
Sauvignon Blanc aus 2009, Clos Henri, Marlborough, Neuseeland.
„Mer Soleil“ 2007, Chardonnay, Santa Lucia Highlands,
La Tour Carnet 00, Bordeaux, Frankreich,
Saarburger Rausch RL Kabinett 09 Zilliken,
Durbacher Plauelrain Scheurebe 10, Laible

Abschließend das unverzichtbare Feingebäck.

Ein Fazit, wie sonst an dieser Stelle üblich, erspare ich mir.
Schließlich wird in Kürze ein weiterer Bericht zur Schwarzwaldstube erscheinen.

Informationen über die Traube Tonbach erhalten Sie auf deren Hompage, die Sie mit diesem Link erreichen.
http://www.traube-tonbach.de/

Nachschlag:

Diesmal gab es tatsächlich ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte in der Köhlerstube (natürlich nicht am gleichen Tag)  -;)

…und es durfte auch einmal ein herrliches Stück Erdbeerkuchen sein.

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Hiermit akzeptiere ich die Datenschutzbedingungen