Sonnora (***)

Unglaubliche elf Jahre hat es gedauert, bis es uns wieder in die Eifeler Provinz zog, wo unweit von Wittlich im Dreiser Wald das Hotel und Restaurant Sonnora seit 40 Jahren Gäste empfängt. Sonnora, ein ungewöhnlicher Name, der von dem Mädchennamen Sonora abgeleitet wurde.

Seit 1999 wird das Restaurant mit drei Michelinsternen bedacht. Doch der Weg war lang. Der erste Stern wurde 1982 vergeben. 1991 folgte der zweite Stern. Der im letzten Sommer viel zu früh verstorbene Helmut Thieltges führte das Restaurant leise, aber mit herausragender Präzision zu internationaler Bekanntheit. Die Nachfolge des außergewöhnlichen Koches trat Clemens Rambichler an. 

Rambichler machte seine Ausbildung in Berchtesgaden und blieb auch noch eine kleine Weile dort. 2011 zog es ihn nach Dreis. Er wurde Sous-Chef von Helmut Thieltges und schließlich Küchenchef. 

Ein erstes Ausrufezeichen für die Arbeit des jungen Koches setzte der Guide Michelin mit der Bestätigung der drei Sterne.

Das macht uns natürlich neugierig. Ist Clemens Rambichler ein Bewahrer der Tradition seines Mentors, ist er ein begeisterter Avantgardist und krempelt die Küche mächtig um? Antworten gibt es in diesem Bericht und in einem Interview mit dem jungen Küchenchef, das in wenigen Tagen an dieser Stelle ebenfalls veröffentlicht wird. Freuen Sie sich darauf.

Das Ambiente des Restaurants muss ich nicht lange beschreiben. Dazu gibt es schließlich Fotos.

Der Empfang ist freundlich, fast herzlich und rasch nehmen wir unsere Plätze an einem Tisch mit großem Platzangebot ein. Wir möchten à la carte speisen und suchen uns einige Gerichte aus der Karte aus. 

Es dauert nicht sehr lange und die Amuse Gueules werden serviert:

Mousse von der Strauchtomate mit Crevetten (o.Abb.)

Von links:

Auster, mariniert mit Holunderblütenessig und Minze

Thunfischinvoltini

Gebackene Edelfischpraline mit Mangochutney

 

Langostino in Krustentiercreme (o.Abb.)

Gänsestopfleberparfait mit Dörrobst und Brioche 

Die kleinen Delikatessen sind überaus schmackhaft, kreativ gestaltet, teilweise sehr aufwändig konzipiert, eher harmonisch als herausfordernd. Herausragend, jedenfalls meiner Meinung nach, die Krustentiercreme. 

Consommé double vom Ochsenschwanz mit Ravioli von Entenstopfleber

Eine Kreation, bei der das Küchenhandwerk deutlich im Vordergrund steht. Natürlich gehört zu jedem Gericht eine Portion Kreativität. Doch erst einmal müssen die Ravioli hergestellt werden.

Die Consommé dominiert und begeistert mit einer eindrucksvollen Aromentiefe.

Kleine Torte vom Rinderfilet-Tatar mit Imperial Gold Kaviar auf Kartoffelrösti

Eigentlich muss man hierzu nicht mehr viel sagen. Das Gericht gibt es nun seit ca. drei Jahrzehnten und ist noch immer beliebt und begehrt.

Hier ist der Handwerker gefragt und weniger der Künstler. Die wenigen Zutaten harmonieren mit unglaublicher Aromenfülle und bieten ein fast vollkommenes Geschmackserlebnis, nicht zuletzt durch eine raffinierte Balance.

Kartoffelrösti und Rindertatar ergänzen sich auf zweierlei Art, texturell und durch den Temperaturunterschied. Die Röstaromen koalieren zudem mit den Aromen des Kaviar. Ein Hauch von Meer mit mildem Salz ist spürbar. Verfeinert wird das Ganze mit Créme fraîche.

Clemens Rambichler beherrscht die Zubereitung des wohl den meisten Gourmets bekannte Gericht der Haute Cuisine perfekt.

Seezunge „Petit Bateau“ aus Brest auf Pinienspinat mit Sauce Pomerol und Chablis-Crème

Die Sauce Pomerol passt nicht nur gut zu dieser Seezunge. Michel Roux hat in einem Buch über Saucen erklärt, dass auch Wild perfekt damit harmoniert.

Das Gericht sieht fantastisch aus. Ein perfekt gegarter Fisch verbindet sich auf grandiose Weise mit dem Spinat. 

Hinzu kommt, dass man bei dieser ansprechenden Portion reichlich schlemmen kann. Eine fast barocke Opulenz und dennoch von subtiler Eleganz. Dabei ist der Fisch kalorien- und fettarm. Ob das auch für die Zutaten gilt?

Tranche von Steinbutt aus der Vendée mit Taschenkrebs-Canneloni, Basilikum-Öl und Strauchtomaten-Nage

Es scheint Plattfischsaison zu sein. (Spässle gmacht). Nach der Seezunge für meine Frau, komme auch ich in den Genuss eines Plattfisches. Das feste Fleisch mit dem leicht nussigen Geschmack wird durch die Beilagen gekonnt unterstützt.

Eifler Rehrücken mit karamellisierten Macadamia-Nüssen, Rouenaiser Sauce und kleinen Pfifferlingen

Die Rouenaiser Sauce hatte ich schon sehr lange nicht mehr in einem Restaurant. Sie ist tiefgründig und aromatisch, schmeichelt dem intensiven und butterzarten Rehrücken.

Etwas Naschwerk zum Abschluss ersetze die Desserts, die wir uns nach erreichtem Sättigungsgrad ersparen wollten.

Wein und Service:

2015, Trittenheimer Altärchen, Scheurebe

2015 Vouvray, Demi Sec, Domaine du Clos Naudine, France  

2015, Wösendorfer Hochrain, Grüner Veltliner, Wachau

2008, Pinot Gris, Grand Cru Brand, Josmeyer

2013, Virginie de Valandraud Blanc, Jean-Luc Thunevin, Bordeaux  

2015, Chardonnay, Chateau d´ Arlay, Cotes du Jura    

2014, Nuits-Saint-Georges, Domaine Chevillon, Burgund    

Magdalena Brandstätter war eine einfallsreiche Reiseleiterin bei unserer sehr stimmigen Weinreise. Nach einer Ausbildung zur Restaurantfachfrau in der Speisemeisterei Stuttgart und einigen weiteren Stationen, führte ihr Weg 2008 schließlich nach Dreis.

Sie ist routiniert, sehr sachkundig und hat auch schon mal eine Alternative zur Hand, wenn der annoncierte Tropfen beim Gast auf Skepsis trifft. So macht eine Weinbegleitung Spass.

Der Service, mit Ulrike Thieltges an der Spitze, ist freundlich, ruhig, nahezu unauffällig und äußerst kompetent. 

FAZIT:

Man wähnt sich in Frankreich. Clemens Rambichler bleibt der klassisch französischen Linie treu, richtet das Hauptaugenmerk auf die Produktqualität, orientiert sich stark an der Linie seines Mentors Helmut Thieltges und blendet modische Albernheiten konsequent aus.

Der Guide Michelin hat dies mit drei Sternen belohnt. Das soll für den Augenblick genügen. Doch bei all den Umbrüchen, die wir derzeit nicht nur in der deutschen Gastronomie erleben, wird auf Dauer ein hedonistischer Gourmettempel wie ewig gestrig erscheinen, wenn eine zeitgemäße Umgestaltung nicht erfolgt. Clemens Rambichler wird einen sanften, dennoch spürbaren Umbau in den nächsten Jahren vornehmen müssen. Der Gewinn von Neukunden und der Erhalt von Stammkunden ist ein fürwahr klassisches Spannungsverhältnis.

Kommentare

Eine Antwort zu “Sonnora (***)”

  1. Franz Stark sagt:

    Dass ein „hedonistischer Gourmettempel“ durchaus dauerhaften Erfolg haben kann, zeigt doch Bernard Pacaud mit dem L’Ambroisie. Der wird sicherlich niemals damit anfangen, den Köchen, die eifrig dem Zeitgeist nachjagen, Konkurrenz zu machen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Hiermit akzeptiere ich die Datenschutzbedingungen